IHS-Chef Keuschnigg: „Bankensteuer ist nicht gerechtfertigt"

Head of Austrian economic research institute IHS Keuschnigg addresses a news conference in Vienna
Head of Austrian economic research institute IHS Keuschnigg addresses a news conference in ViennaREUTERS
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Abgaben. Die hohe Bankensteuer könnte die Kreditvergabe lähmen, warnt IHS-Chef Keuschnigg. Die Regierung müsse reagieren, sonst werde die Wachstumsprognose nicht halten.

Wien. Es ist selten, dass IHS-Chef Christian Keuschnigg so emotional wird wie am gestrigen Donnerstag: „Wir steuern den Banken die Gewinne weg, die notwendig sind, um das Wachstum in Gang zu halten", empörte er sich bei der Präsentation der IHS-Konjunkturprognose bis ins Jahr 2018. Der erwartete Aufschwung von 1,9 Prozent jährlich in den kommenden fünf Jahren stehe nämlich auf tönernen Füßen, wenn die Regierung an der Bankenabgabe festhalte.
Österreichs Unternehmen sind so sehr wie in kaum einem anderen Land abhängig von der Kreditvergabe der Banken.

Diese seien seit der Finanzkrise jedoch gleich von mehreren Seiten unter Beschuss gekommen, erinnerte der Ökonom. Zu den strengeren Eigenkapitalvorschriften nach Basel III und den Auflagen durch die europäische Bankenunion komme nun auch die vergleichsweise hohe Bankensteuer der österreichischen Regierung. All diese Maßnahmen verfolgen ein an sich gutes Ziel: Die Banken sollen gezwungen werden, weniger Risiko zu nehmen und im Notfall selbst für ihre Insolvenz aufkommen können, damit der Steuerzahler nicht erneut zum Handkuss kommt.

Abhängig von Bankkrediten

„Aber wenn es ein Problem gibt, muss man es einmal lösen, nicht zweimal", mahnt Keuschnigg. Bankenunion und Basel III hätten das Risiko durch Regulierung unter Kontrolle bekommen. Für die Bankenabgabe gebe es nun keine Berechtigung mehr. Mit 588 Millionen Euro machte sie im Vorjahr mehr als die Hälfte der zusätzlichen Belastung aus, die Österreichs Banken schlucken mussten. Wollen die Institute nun die vorgeschriebenen Eigenkapitalvorschriften erfüllen, müssten sie entweder die Gebühren anheben oder eben die Kreditvergabe drosseln, erwartet das IHS.

Beides wäre Gift für die heimische Wirtschaft. Vor allem die Klein- und Mittelbetriebe, die über 99 Prozent aller Unternehmen außerhalb des Finanzsektors in Österreich ausmachen, seien auf Bankkredite angewiesen. Zum Vergleich: Hierzulande liegt der Anteil der Bankkredite am BIP bei 120 Prozent. In den USA liegt die Quote bei 60 Prozent. Eine Kreditklemme wäre daher ein „verheerendes Szenario für das Wirtschaftswachstum", sagt Keuschnigg.
Er fordert die große Koalition auf, gegenzusteuern. Entweder müsse die Bankensteuer, die gemessen an der Wirtschaftsleistung zehn Mal höher ist als jene in Deutschland, abgeschafft werden. Oder aber die Beiträge würden zweckgewidmet und fließen - ähnlich wie in Deutschland - in den Bankeninsolvenzfonds statt in das Budgetloch des Staates.

In ihrer Wachstumsprognose bis 2018 haben die Ökonomen des IHS ein Einlenken der Regierung bereits „eingepreist". Sollte es hingegen bei der Doppelbelastung der Banken bleiben, werde das Wirtschaftswachstum um noch einen halben Prozentpunkt niedriger ausfallen als bisher schon gedacht.

Risikofaktor EZB-Stresstest

Das Institut sieht auch andere Unsicherheiten auf der „Rückkehr zu moderatem Wachstum"; allen voran die Krise in der Eurozone. Die Ökonomen rechnen damit, dass die Probleme in der Währungsunion ausgestanden sind. „Falls beim nächsten Stresstest der EZB etwas Gröberes auftaucht, könnte das die Wirtschaft ordentlich schädigen", sagt IHS-Experte Helmut Hofer. Die Europäische Zentralbank will in der zweiten Oktoberhälfte die Resultate von Bilanzcheck und Stresstest der europäischen Kreditinstitute veröffentlichen. Wer durchfällt, muss binnen zweier Wochen Pläne vorlegen, wie die entdeckten Kapitallöcher wieder gestopft werden sollen.

Zweitgeteilte Steuerreform

Doch auch ohne Tretminen aus der Finanzwirtschaft sieht die Prognose des IHS für die kommenden fünf Jahre nicht unbedingt berauschend aus. Die Reallöhne dürften demnach zwar wieder leicht ansteigen und auch die heimischen Exporte könnten von der anziehenden Weltwirtschaft profitieren. Ein Wachstum wie vor der Krise wird Österreich so bald allerdings nicht mehr sehen. Und die Arbeitslosenquote bleibt auch im Jahr 2018 mit 7,5 Prozent sehr hoch.

Aber auch diese Prognose ist kein Schicksal, erinnert Christian Keuschnigg die heimischen Politiker. Die Regierung könne gestaltend eingreifen und versuchen, die Dinge zum Besseren zu wenden. Neben Anpassungen im Pensionssystem schwebt dem Ökonomen eine zweigeteilte Steuerreform vor. Der erste Teil könne über die Reduktion der Ausgaben einfach und rasch finanziert werden. Die echte Senkung der Steuer- und Abgabenquote von 45 Prozent müsse jedoch erst verdient werden.
Eines sei klar, sagt IHS-Ökonom Helmut Hofer: Eine Steuerreform sei überfällig. Bis ins Jahr 2019 könne sich die Regierung in keinem Fall Zeit lassen.

("Die Presse", Printausgabe vom 18.7.2014)

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