USA: Russland testet verbotene Raketen

U.S. President Barack Obama participates at the Summit of the Washington Fellowship for Young African Leaders in Washington
U.S. President Barack Obama participates at the Summit of the Washington Fellowship for Young African Leaders in Washington(c) Reuters (LARRY DOWNING)
  • Drucken

Washington wirft Moskau den Bruch eines wichtigen Vertrags zur Verhinderung des Raketenkriegs vor.

Washington. Die schlechten Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland gefährden nun auch eine wesentliche sicherheitspolitische Errungenschaft aus der Endphase des Kalten Krieges. US-Präsident Barack Obama warf seinem russischen Gegenüber Wladimir Putin in einem Brief vor, den Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme von 1987 seit mehreren Jahren zu verletzen.

Russland teste seit dem Jahr 2008 neue landgestützte Mittelstreckenraketen, sagten US-Regierungsvertreter gegenüber der „New York Times“. Die Herstellung solcher Waffensysteme, die vom Boden aus atomwaffenfähige Flugkörper auf Ziele in Entfernungen von bis zu 5500 Kilometern lenken können, ist durch den genannten Vertrag verboten, den der damalige sowjetische Führer Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan im Weißen Haus unterzeichneten. Spätestens seit dem Jahr 2011 sei die US-Regierung der Ansicht gewesen, dass diese russischen Raketentests eine Verletzung des Vertrages darstellen.

Reaktion auf US-Raketenschild

Dieses Abkommen war ein Meilenstein im Bemühen, den Atomkrieg zu verhindern. Er wurzelte in der Entwicklung neuer SS20-Mittelstreckenraketen durch die UdSSR in den 1970er-Jahren, die das militärische Gleichgewicht zwischen den beiden Supermächten in Europa ins Wanken zu bringen drohten. Gorbatschow und Reagan einigten sich nach mehrjährigen Verhandlungen darauf, dass Altbestände solcher bodengestützter Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern zu zerstören seien und ihr Neubau zu vernichten sei.

Die Ankündigung von US-Präsident George W. Bush, in Osteuropa ein bodengestütztes Raketenabwehrsystem zu errichten, um in Europa stationierte US-Truppen und die neuen Nato-Staaten gegen Angriffe aus dem Nahen Osten – allen voran aus dem Iran – zu schützen, veranlasste Putin dazu, den Vertrag infrage zu stellen. Die Russen werfen den Amerikanern seither vor, nicht bloß einen defensiven Raketenschild errichten zu wollen, sondern auch verbotene Marschflugkörper einsatzbereit machen zu wollen.

So verwundert es nicht, dass Moskau die amerikanische Kritik mit dem Gegenvorwurf kontert, dass die USA bei den Tests ihres Raketenschilds Flugkörper als Ziele verwendeten, die ebenfalls gegen den Mittelstreckenvertrag verstießen.

Für gewöhnlich werden solche Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Moskau auf Diplomatenebene beigelegt, ehe sie öffentlich werden und den Eindruck eines größeren Zerwürfnisses erwecken können. Dass sich Obama und Putin nun über einen Vertrag aus dem Kalten Krieg zanken, veranschaulicht die Schwere der beiderseitigen Verstimmung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.