Sophie Marceau: "Ich möchte zugänglich bleiben"

Sophie Marceau CINEMA 67 eme Festival de Cannes Tapis rouge Film Coming Home 20 05 2014 Loic
Sophie Marceau CINEMA 67 eme Festival de Cannes Tapis rouge Film Coming Home 20 05 2014 Loicimago/PanoramiC
  • Drucken

Die französische Schauspielerin Sophie Marceau spricht über ihren neuen Film "Ein Augenblick Liebe", Altersunterschiede in Beziehungen und ihr Leben als Prominente in Paris.

Ein scheinbar unbedeutender Seitensprung, und schon nimmt das Gefühlschaos seinen Lauf. Gibt es das vollkommene Glück? Ist die Macht der Verführung nur eine Illusion? Welche Bedeutung hat Sex ohne Liebe? „Ein Augenblick Liebe“ (Kinostart: 7. August), so heißt der neue Film von Sophie Marceau und widmet sich genau diesen Fragen. Die 47-Jährige im Interview.

Eine attraktive, unabhängige Frau zwischen Verführung, Fantasie und Alltag. Hört sich nach einem typisch romantisierten Frankreich-Klischee an. Was gefiel Ihnen besonders an dieser Figur?

Sophie Marceau: Elsa ist eine Frau mit Prinzipien. Sie will nichts mit einem verheirateten Mann zu tun haben. Aber Prinzipien sind auch da, um in Frage gestellt zu werden. Eine große Liebe kann man ja nicht einfach so an sich vorbeiziehen lassen. Natürlich will und kann keiner bloß seinen Impulsen folgen. Es braucht Zeit, um sich über seine Gefühle klar zu werden.

Wie haucht man einer Figur, die es nur auf dem Papier gibt, so viel Leben ein? Sie strotzt geradezu vor Charme und Leben.

Ich habe mir über den speziellen Lebensabschnitt Gedanken gemacht, in dem sich Elsa befindet. Sie ist 45, lässt sich gerade scheiden, ordnet ihr Leben neu. Zudem ist sie Schriftstellerin, stöbert also gerne in der menschlichen Seele herum.

Ihren Filmpartner François Cluzet kennt man hierzulande hauptsächlich aus „Ziemlich beste Freunde“. Wie machte er sich als Objekt Ihrer Begierde?

Bestens. Ich mag François Cluzet sehr, er ist einer der besten Schauspieler seiner Generation. Er ist ganz offen und gibt sich so, wie er wirklich ist. Bei den Proben war es oft lustig, weil da ja körperliche Nähe gefragt war, er aber eine gewisse Scheu hatte, mich richtig anzufassen. Also mussten wir erst einige Aufwärmübungen machen, bei denen es viel zu lachen gab. Für ihn war eine Szene im Nachtclub am härtesten, in der wir miteinander tanzen sollten – da war er erst wie versteinert.

Ist der 25-jährige Liebhaber der Frau über 40 ein Klischee unserer Zeit?

Man kann dieses Phänomen bzw. die Motive auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Auch ein junger Mann kann von dem Erfahrungsschatz einer älteren Frau profitieren und sich bei ihr geborgen fühlen. So eine Beziehung bietet ihm auch gewisse Freiheiten beim Werben um die Frau, es geht mehr um die essenziellen Dinge, die eine Partnerschaft ausmachen.

Sie haben nie die Bodenhaftung verloren. Liegt das an Ihrer Herkunft? Ihre Mutter war Verkäuferin, Ihr Vater LKW-Fahrer.

Sicher. Meine Eltern haben mich so erzogen. Sie gehören der Arbeiterschicht an und hatten ein hartes Leben. Freizeit hatten sie kaum, mussten sich oft Sorgen machen, woher das Geld für das Essen kommt. Sie haben meinem Leben eine Struktur gegeben. Sie waren mir mit ihrem Fleiß ein Vorbild.

Vor Kurzem gaben Sie die Trennung von Ihrem Ehemann und Kollegen Christopher Lambert bekannt, den Sie vor zwei Jahren geheiratet haben. Was bringt Sie in Krisenzeiten wieder ins Gleichgewicht?

Man sollte öfter an das denken, was einen glücklich macht, was einem selbst und auch den anderen gut tut. Und was für Träume man noch hat. So kommst du innerlich immer wieder ins Gleichgewicht. Für mich funktioniert das am besten über meine Familie. Ich bringe meine Kinder zur Schule, bin abends und an den Wochenenden mit meiner Familie zusammen und bin zudem berufstätig. Das geht 20 Jahre so mit den Kindern, dann fängt ein neues Leben an. Wichtig ist, eine kontinuierliche Verbindung zwischen den verschiedenen Lebensphasen zu haben. Und von Berufs wegen bin ich offen für alle möglichen Kunstformen, Menschentypen und Themen.

Sie haben zwei Kinder, Juliette (12) und Vincent (19). Was wünschen Sie sich beruflich für sie? Sie selbst haben mit 13 schon „La Boum“ gedreht.

Ich will nicht, dass meine Kinder vor irgendetwas Angst haben. Ich denke, ihre Generation steckt voller Ängste. Vielleicht projizieren wir aber auch viele Ängste auf sie oder beschützen sie zu sehr. Aber die Welt ist heute auch sehr anspruchsvoll und fordernd. Und wir erwarten von Kindern so viel – kein Wunder, dass sie Angst haben. Sie sollen Weltbürger werden, eine ausgereifte Persönlichkeit bekommen – man muss heute „jemand“ sein. Dabei haben wir aber die einfache Tugend des Arbeitens verloren. Was auch immer man tut, man muss dafür hart arbeiten. Selbst wenn man einen gedeihenden Kartoffelacker haben möchte, muss man dafür arbeiten, er entsteht nicht von alleine. Wenn ich sehe, dass meine Kinder bereit sind zu arbeiten, dann können sie tun, was sie wollen. Wenn ich aber sehe, dass sie den Erfolg suchen, ohne dafür gearbeitet zu haben, dann werde ich sie stoppen.

Haben Sie diese Bedenken aufgrund Ihrer eigenen Vergangenheit? Sie haben ja extrem früh Karriere gemacht.

Das stimmt, ich war zwölf, als ich mich nach meinem ersten Job umgesehen habe, und 13, als ich ihn bekam.

Wie sehen Sie den frühen Erfolg von Ihrer heutigen Warte aus?

Ich wollte Geld verdienen, unabhängig sein. Das hatte ich von meinen Eltern. Ich habe sie hart arbeiten sehen und dachte: „Das ist großartig.“ Sie mussten wirklich verdammt hart arbeiten. Und das in wenig prestigeträchtigen Jobs – als Arbeiter. Aber sie haben ihre Arbeit respektiert, haben immer gute, ehrliche Arbeit geleistet. Ihre Arbeit brachte zwar viele Sorgen mit sich, aber es war ihr Lebensinhalt. Und ich dachte, das muss auf seine Art und Weise großartig sein.

Die Schauspielerei ist ein so wichtiger Bezugspunkt Ihres Lebens geworden. Was würden Sie wohl heute machen, wenn Sie die Rolle für „La Boum“ nicht bekommen hätten?

Keine Ahnung. Mir war damals nicht klar, dass das für mein Leben so wichtig sein würde. Aber jetzt, da ich mich besser kenne, weiß ich, wie sehr ich die Schauspielerei auch als Ventil brauche. Ich wäre sonst sicher eine ganz schreckliche Person geworden. Vielleicht wäre ich eine Sportlerin geworden, oder eine extrem exaltierte Frau. Denn obwohl ich in meinem Job schon so viel ausleben kann, habe ich noch eine Menge Energie und Fantasien in Reserve (lacht).

Sie leben nun wieder in Paris. Wenn Sie Ihre Tochter zur Schule bringen, wie reagieren andere Eltern auf Sie? Immerhin sind Sie in Frankreich ein Nationalheiligtum.

Vielleicht sollte ich die Eltern mal fragen. Ich möchte unbedingt zugänglich bleiben. Nicht den Star geben. Eigentlich übe ich seit 30 Jahren, seitdem ich erkannt werde, wie man sich richtig verhält. Wenn man bekannt ist, ändern sich natürlich viele Dinge um dich herum. Die Realität verändert sich, die ganze Welt um dich herum verändert sich. Man sieht das und passt sich an. Das ist für mich in Ordnung, ich komme damit klar.

War es für Sie anstrengend, den Anforderungen Ihres Jobs samt Reisen mit zwei Kindern auf die Reihe zu bekommen?

Es ist immer schwer, als Mutter keinen Stress im Leben zu haben, zumal du dir um viel mehr Sorgen machst als früher. Du bist dir einfach der Zerbrechlichkeit des Daseins stärker bewusst und verrennst dich oft in düstere Krisenszenarien. Diese Ängste sind sehr präsent und müssen immer wieder beiseite geschoben werden, um handlungsfähig zu bleiben. Und du musst in der Lage sein, Niederlagen einzustecken, nicht immer perfekt sein zu wollen. Das Kind muss mitbekommen, dass du auch nur ein ganz normaler Mensch mit Zweifeln und Ängsten bist, der manchmal scheitert. Wichtig ist, dass du immer wieder versuchst, die Dinge in den Griff zu kriegen und miteinander zu reden. Wenn du versagst, ist das ja ein Zeichen dafür, dass du etwas versucht hast. Also stehst du auf und nimmst einen neuen Anlauf.

Steckbrief

1966
wurde Sophie Marceau in Paris geboren.

1980
wurde sie in Frankreich durch ihre Rolle in der Teenager-Komödie „La Boum – Die Fete“ über Nacht zum Star. Zwei Jahre später folgte die ebenfalls erfolgreiche Fortsetzung „La Boum 2 – Die Fete geht weiter“.

1995
gelang ihr an der Seite von Mel Gibson in dem Epos „Braveheart“ der internationale Durchbruch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.