Der portugiesische Staat nimmt 4,9 Mrd. Euro in die Hand, um die strauchelnde Bank Espírito Santo zu retten. Der Großteil des Geldes stammt aber nicht aus dem staatlichen Budget – sondern aus dem Euro-Rettungsfonds.
Lissabon. Gerade erst hat Portugal den Euro-Rettungsschirm verlassen, da kriselt es schon wieder. Dieses Mal kommt die Gefahr nicht von der horrenden Staatsverschuldung, sondern von der Großbank Espírito Santo. Das seit Tagen wankende Geldinstitut, dessen Name „Heiliger Geist“ bedeutet, ist zahlungsunfähig und musste über Nacht vom portugiesischen Staat mit einer Milliardenspritze gerettet werden. Nun geht die Sorge um, dass die Bank, die über ihre enge Vernetzung mit der gleichfalls kollabierten Espírito-Santo-Unternehmensgruppe stolperte, Portugals anlaufenden Wirtschaftsmotor wieder stoppen könnte.
Espírito Santo mit Niederlassungen in 25 Ländern und rund 10.000 Mitarbeitern gehört zu den vier größten Geldhäusern Portugals. Die schon vor anderthalb Jahrhunderten gegründete Bank ist das, was die Fachleute „systemrelevant“ nennen. Weil sie zu groß ist, um pleitezugehen. Ein Bankrott könnte ein wirtschaftliches Erdbeben in Portugal und Europa auslösen. „Es war zwingend ein dringendes Eingreifen erforderlich“, erklärte Carlos Costa, Chef der portugiesischen Zentralbank. Er warf der früheren Bankspitze, die bereits Mitte Juli zwangsweise abgesetzt worden war, schwere Managementfehler vor und kündigte strafrechtliche Ermittlungen an.
Der Rettungsplan, der mit der EU abgestimmt wurde, sieht eine Zerschlagung des Geldhauses in zwei Teile und eine Sanierung unter Aufsicht des Staates vor. Costa garantierte den Sparern, „dass ihre Geldeinlagen voll geschützt sind“. Derweil schauen die Aktionäre, deren Anteile praktisch nichts mehr wert sind, in die Röhre. Die Aktien von Espírito Santo, die zu besseren Zeiten mehr als sechs Euro wert waren, wurden zuletzt um zwölf Cent gehandelt. Die Bank ist inzwischen nicht mehr an der Börse.
Bad Bank wird abgespalten
Der wirtschaftlich überlebensfähige Bereich mit den Sparguthaben der Kunden geht in ein neugeborenes Geldinstitut mit dem simplen Namen Novo Banco (Neue Bank) über. Die toxischen Werte, die vor allem aus faulen Krediten in Milliardenhöhe bestehen, werden über eine Auffangbank abgewickelt. Diese Bad Bank firmiert weiterhin unter dem Namen Espírito Santo.
Vorausgegangen waren gleich mehrere Hiobsbotschaften: Vor wenigen Tagen hatte Espírito Santo in der Halbjahresbilanz einen Rekordverlust von 3,6 Mrd. Euro gemeldet – zwei Mrd. Euro mehr als erwartet. Zudem erhärtete sich der Verdacht, dass schon längere Zeit Bilanzen gefälscht, Anleger betrogen und Kreditregeln missachtet wurden. Im Zuge der Rettungsaktion werden zunächst 4,9 Mrd. Euro in die Novo Banco gepumpt, um ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Der Großteil, rund 4,5 Mrd. Euro, stammt aus dem Euro-Rettungsfonds, der dem portugiesischen Staat im Frühjahr 2011 mit einem Kredit von 78 Mrd. Euro unter die Arme gegriffen hatte.
Das Euro-Rettungsprogramm lief Mitte Mai 2014 aus, aber Portugals Regierung hatte einige Milliarden für den kriselnden Bankensektor zur Seite gelegt. Der Rest der Finanzspritze kommt aus einem noch nicht sehr gefüllten Feuerwehrtopf der portugiesischen Bankenbranche. (ze)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2014)