Nach Staatspleite: Buenos Aires schlägt zurück

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Argentinien will gegen die Hedgefonds, mit denen man im Streit liegt, wegen Insiderhandels ermitteln – es geht um Kreditversicherungen.

Buenos Aires/Washington.Nach der Staatspleite Argentiniens ermittelt die Börsenaufsicht des Landes wegen des Verdachts auf Insiderhandel gegen mehrere Hedgefonds. Die Regierung in Buenos Aires und die Investoren hatten sich nicht auf die Rückzahlung von Schulden einigen können.

Der Chef der Börsenaufsicht, Alejandro Vanoli, sagte, er habe seinen US-Amtskollegen um Informationen über Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) gebeten, mit denen man sich gegen einen Zahlungsausfall des lateinamerikanischen Staates absichern kann. Seine Behörde will demnach klären, ob die Hedgefonds die Papiere besaßen, während sie gleichzeitig mit Argentinien verhandelten. Die Nutzung von Insiderinformationen sei in Argentinien und den USA strafbar, sagte Vanoli.

Haben die Hedgefonds Versicherungen?

Der Konflikt geht auf die Staatspleite Argentiniens im Jahr 2001 zurück. Während sich die Regierung in den Folgejahren mit den meisten Gläubigern auf einen Schuldenerlass und einen Umtausch von Anleihen einigte, kauften die Hedgefonds Schuldtitel mit einem hohen Abschlag und fordern nun die volle Summe. Dies lehnt Argentinien ab.

Ein US-Gericht hatte angeordnet, dass Inhaber restrukturierter Anleihen nur dann ausgezahlt werden dürfen, wenn die Regierung auch die Fonds bedient – in vollem Umfang. In der vergangenen Woche trat deswegen ein offizieller Zahlungsausfall ein. Mit der Angelegenheit vertraute Personen hatten zwar schon länger berichtet, dass die Hedgefonds keine Versicherungen abgeschlossen hätten, um sich gegen einen Kreditausfall des Landes schützen.

Die Frage ist nur: Wie realistisch ist diese Annahme? Sollten die Hedgefonds im Besitz argentinischer CDS-Papiere sein, wären sie doppelt abgesichert. Zahlt Argentinien, erhalten sie ihr Geld. Zahlt Argentinien nicht, erhalten sie das Geld aus den Kreditversicherungen. Der Clou: Elliot Management, der wichtigste unter den Hedgefonds, die Argentinien unter Druck setzen, sitzt auch in der ISDA (International Swaps and Derivatives Association) – also in jener Behörde, die feststellt, ob CDS ausgezahlt werden oder nicht. Auch dies könnte ein Grund für den Verdacht des Insiderhandels sein.

Anders als 2001 halten sich die Folgen der Staatspleite für das Land diesmal in Grenzen: Die Banken sind stabil, der Staat kann seine Rechnungen bezahlen, und auf den Straßen herrscht Ruhe. Experten der Vereinten Nationen gehen dennoch davon aus, dass die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas nach Brasilien und Mexiko in diesem Jahr schrumpfen wird.

Zwar habe man die Wachstumsprognose nur auf 0,2Prozent von zuvor 1,0Prozent gesenkt, sagte die Chefin der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, Alicia Barcena. Die Zahl stamme aber aus dem vergangenen Monat. „Heute ist die Lage ganz anders.“ (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2014)

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