Der Premier empfängt seinen Vorgänger Berlusconi und kämpft um seine Verfassungsreform.
Rom. Matteo Renzi steht derzeit mit dem Rücken zur Wand: Wegen der endlosen – und zum Teil handgreiflichen – Streitereien im Parlament um die Reformen fiel das Vertrauen für den Premier zuletzt um nahezu zehn Prozentpunkte, wie eine neue Umfrage zeigt.
Renzi musste am Mittwoch Silvio Berlusconi empfangen, um sich dessen Sanctus für einen Teil seiner Reformen zu holen. Nahezu drei Stunden lang konferierten die beiden im Regierungspalast. Dabei ging es in erster Linie um einen Pakt zur Wahlrechtsreform. Das aktuelle komplizierte Wahlrecht wird für die unklaren Mehrheiten im Parlament verantwortlich gemacht. „Es war ein gutes Gespräch“, hieß es gestern Nachmittag.
Das Treffen kam einer politischen Rehabilitierung Berlusconis gleich: Der wegen Steuerbetrugs verurteilte Medienmagnat, der derzeit sein Vergehen als Sozialarbeiter in einem Altersheim abbüßt, ist wieder ganz offiziell Hauptprotagonist der italienischen Innenpolitik. Der von vielen politisch totgesagte Ex-Premier hat nicht ausgeschlossen, wieder kandidieren zu wollen.
Unter Druck bringen Renzi auch Konjunkturdaten: Dass Italien offiziell wieder in der Rezession ist, ist ein weiterer herber Dämpfer. Renzi wollte die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach einer der längsten Rezessionen seit Jahrzehnten wieder flottmachen. Kritiker werfen ihm vor, seit seinem Amtsantritt im Februar keine einzige Strukturreform durchgesetzt zu haben.
Renzi hofft, dank einer tief greifenden Verfassungsreform sein Image wieder aufzupolieren: Heute, Donnerstag, will er die Reform des Senats vom Parlament verabschieden lassen. Ziel ist es, das Oberhaus auf eine Art Regionalkammer zu „degradieren“ und damit das blockadeanfällige und schwerfällige Zweikammersystem zu beenden. Es wäre eine der am tiefsten greifenden Verfassungsreformen in Italien seit Jahrzehnten. (basta./ag.)
Italien in der Rezession, S. 16
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2014)