Malaysian Airlines: Verstaatlichung als letzte Rettung

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Die von zwei Katastrophen gebeutelte Fluglinie soll mit Staatshilfe saniert werden. Viele Länder gehen den gegenteiligen Weg und privatisieren ihre maroden Fluglinien.

Kuala Lumpur/Wien. Zwei Absturz-Katastrophen binnen weniger Monate brächten sogar finanziell stabile Fluglinien ins Trudeln. Die ohnedies angeschlagene Malaysia Airlines brachte das spurlose Verschwinden eines Jets auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking am 7. März und der Abschuss einer Boeing über der Ostukraine  am 17. Juli mit insgesamt 537 Opfern an den Rand des Bankrotts. Ein Neuanfang aus einer Insolvenz war für die malaysische Regierung denn auch eine ernsthafte Variante – nun wurde jedoch ein anderer Weg gewählt: Malaysia Airlines wird komplett verstaatlicht und soll so von Grund auf neu aufgestellt werden.

Dazu schießt der Staatsfonds Khazanah Nasional, der schon 70 Prozent an der Fluglinie hält, umgerechnet 325 Mio. Euro ein und übernimmt den Rest der Anteile. Das ist für die Aktionäre zumindest ein Trostpflaster, denn das Angebot liegt 12,5 Prozent über dem Schlusskurs von Donnerstag. Die Aktie hat in diesem Jahr schon 23 Prozent an Wert verloren.

Nun wird die Gesellschaft auch von der Börse genommen. Das mache Sinn und erleichtere Sanierungsschritte, sagte Jason Chong, ein Fondsmanager bei Manulife Asset Management Services in Kuala Lumpur. Bleibe die Airline börsennotiert, unterliege sie mehr regulatorischen Anforderungen.

Schmerzhafte Schritte

Die Airline brauche in den nächsten Jahren „substanzielle finanzielle Unterstützung“, um ihren Betrieb aufrecht zu halten, sagte Premierminister Najib Razak. Alle müssten nun zusammenhalten: Manager, Mitarbeiter, Gewerkschaften und Geldgeber, denn es gehe nicht um schmerzhafte Schritte und Opfer aller Beteiligten. Die detaillierten Pläne will Najib Ende August vorlegen.

Die Probleme haben nicht erst mit dem verschwundenen Flug MH370 begonnen, obwohl danach – und erst recht nach dem Ukraine-Desaster – die Passagierzahlen drastisch eingebrochen sind. 1,2 Mrd. Euro hat der Staatsfonds in den vergangenen zehn Jahren schon in die Airline gepumpt. Ohne großen Erfolg: Denn  im Vorjahr verfehlte die Gesellschaft ihr Ziel, Gewinn zu schreiben und macht stattdessen 360 Mio. Euro Verlust – der dritte in Folge. Im ersten Quartal 2014 lag das Minus bei 102 Mio. Euro – fast doppelt so hoch wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Malaysian machen seit Jahren Billig-Airlines, allen voran Air Asia, das Leben schwer. Sie überschwemmten aggressiv den Markt mit günstigen Tarifen, was in einer Region mit extrem niedrigen Durchschnittseinkommen auf fruchtbaren Boden fiel.

Eine stabile Malaysian brauche aber auch eine neue Führungs- und Kommunikationspolitik, sagen Beobachter. Denn nach dem mysteriösen Verschwinden der MH370 herrschte Chaos und Konfusion. Mehrfach wurden Angaben korrigiert, widerrufen und dementiert. „Das war das schlimmste Beispiel von Krisenkommunikation, das ich je gesehen habe“, sagte US-PR-Berater Anthony McClellan. Die Airline, die als sicher galt, stand weltweit am Pranger und büßte ihre Reputation ein.

Kein privater Retter in Sicht

Geht es um die Rettung von Airlines, wählen Staaten oft den gegenteiligen Weg – die Privatisierung. Bei der AUA passierte dies trotz heftigem politischen Widerstand in letzter Sekunde – ohne Lufthansa wäre die rot-weiß-rote Fluglinie in den Konkurs geschlittert. Aber auch die Lufthansa wurde erst 1997 vollständig privatisiert.

Bei Malaysian ist dieser Weg jetzt ausgeschlossen. Am Horizont zeichnet sich kein privater Investor ab. Auch die kauflustige Etihad aus Abu Dhabi, die gerade den Einstieg bei Alitalia fixierte, hat abgewunken. Die Einkaufstour von Etihad, die außer bei Alitalia auch bei Air Berlin, Air Serbia und Jet Airways (Indien) beteiligt ist, erregt allerdings in Europa heftige Kritik. Lufthansa, Air France bis British Airways, denen die von den Scheichs subventionierten Airlines ohnedies ein Dorn im Auge sind, sprechen von „Reverstaatlichung durch die Hintertür“ und decken die EU mit Protesten ein. Etihad-Boss James Hogan hat dafür eine lapidare Antwort: Ohne das Geld aus Abu Dhabi hätten Air Berlin und Co. die finanzielle Rückendeckung verloren.

Die USA gingen einen anderen Weg. Dort durchliefen viele Fluglinien ein Chapter-11-Insolvenzverfahren. Es gibt ihnen Schutz vor den Gläubigern und ermöglicht, Altlasten wie Pensionsverpflichtungen loszuwerden. Danach fusionierten viele Airlines – jetzt stehen sie wieder gut da.  (eid/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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