Apple: Wer traut dem schönen Apfel noch?

USA APPLE STORE
USA APPLE STORE(c) APA/EPA/JOHN TAGGART (JOHN TAGGART)
  • Drucken

Nach dem Nacktfotoskandal müht sich Apple, die Sorgen um Sicherheitslücken zu zerstreuen. Das angekratzte Image muss rasch aufpoliert werden – bevor das neue iPhone kommt.

Wien. „Thank you iCloud“, twitterte Kirsten Dunst kürzlich an zigtausende Fans. Doch was anmutet wie der Beginn einer Apple-Marketing-Kampagne, bringt das Unternehmen unter Druck. Denn die US-Schauspielerin „bedankte“ sich beim Konzern dafür, dass Hacker Nacktfotos von ihr, die Apple als Sicherungskopie auf seinen Servern (iCloud) abgelegt hatte, aufgestöbert und veröffentlicht hatten. Und sie war nicht die Einzige. Eine Reihe an US-Promis wurden Opfer im iCloud-Nacktfotoskandal. Seither ringt das Unternehmen um das Vertrauen seiner Kunden.

Dabei hätten die Schlagzeilen wenige Tage vor der erwarteten Präsentation des neuen iPhone 6 am 9. September doch anders lauten sollen: Da wäre etwa die schöne Geschichte darüber, dass Apple-Fans seit Tagen vor dem Apple-Store in New York campieren, um als Erste das neue iPhone zu ergattern – wenn es denn überhaupt veröffentlicht wird. Doch Fehlanzeige: In Wahrheit stehen viele dort nur, weil sie 25 US-Dollar in der Stunde kassieren, wenn sie Werbeschilder von anderen Firmen hochhalten, sobald Journalisten auf der Suche nach dem Apple-Hype vorbeikommen.

Apple weist Schuld von sich

Aber irgendwie lässt die Euphorie diesmal auf sich warten. Ständig die nervenden Fragen nach Sicherheitslücken im Konzern, ständig die jammernden Prominenten, ständig die Provokateure, die nach Klagen gegen den Konzern rufen.

Dabei hat Apple nach der konzerneigenen Lesart gar nichts mit der ganzen Sache zu tun. Nicht die Cloud selbst sei gehackt worden, sondern die privaten Konten der Prominenten, teilte das Unternehmen mit. Dagegen könne man leider nichts machen. Zumindest der erste Teil stimmt sogar – so richtig überzeugt hat es aber nicht.

Seit Bekanntwerden des Skandals Anfang September hat die erfolgsverwöhnte Aktie um über fünf Prozent verloren. Selbst die nüchternen Anleger machen sich offenbar Sorgen um die Sicherheit bei Apple. Vor allem, wenn sie daran denken, dass das Unternehmen davon lebt, dass die Leute ihre Daten gern mit ihnen teilen. Und zwar morgen mehr noch als heute, wenn Apple auch Bankomatkarten ersetzen und sich in den Autos der Kunden einnisten will. Wer gibt einer Firma schon den Schlüssel zum eigenen Safe in die Hand, die anscheinend nicht einmal ein paar Nacktbilder sicher bewahren kann?

Hohe Kurse, hohe Erwartungen

Noch dazu steht Apple auch wirtschaftlich unter ziemlich großem Erwartungsdruck. Das neue iPhone sollte mehr bieten als einen größeren Bildschirm, wenn es die Kursanstiege der vergangenen Monate rechtfertigen soll. Bis zum Nacktfotoskandal schnellte der Kurs heuer um 30 Prozent in die Höhe. Nicht etwa, weil die Verkäufe so rasant gestiegen wären. Erkauft wurde der Kursanstieg mit der Hoffnung auf neue Produkte und auf Käufer, die ihnen noch trauen.

Apple-Boss Tim Cook persönlich rückte aus und versicherte im „Wall Street Journal“, dass die Sicherheit erhöht werde. Apple will seine Nutzer künftig erinnern, doch bitte bessere Passwörter zu verwenden, und sie warnen, wenn Daten aus der Cloud auf andere Geräte gespeichert werden. Zudem will Apple die Kunden stärker drängen, doppelte Sicherheitsabfragen über Passwort und Code zu verwenden.

Vor einer Pflicht zu doppelten Sicherheitsabfragen schreckt Apple zurück, weil es davon lebt, dass seine Geräte kinderleicht zu bedienen sind. Ein Fingerwisch und alles funktioniert – so machte Steve Jobs das Smartphone massentauglich. Wenn sich die Massen nun gleich zwei Codes merken müssen, wird es schwierig. Der Konzern steckt in einer Zwickmühle, die in der Branche schon ein alter Witz geworden ist: „Sicherheit, Freiheit und Bequemlichkeit. Wähle zwei.“ Das kann auch Apple nicht ändern.

AUF EINEN BLICK

Apple ringt um das Vertrauen seiner Kunden. Nachdem Nacktfotos von Prominenten aus der iCloud gestohlen wurden, rät Apple den Kunden, bessere Passwörter zu verwenden. Die Cloud selbst sei nicht gehackt worden. Bis kommende Woche sollen die Wogen geglättet sein. Dann will der Konzern vermutlich das neue iPhone vorstellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.