Spanische Angst vor der schottischen Freiheit

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy empfing sein katalanisches Pendant Artur Mas Anfang August in Madrid.
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy empfing sein katalanisches Pendant Artur Mas Anfang August in Madrid.(c) REUTERS
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Die Katalanen werben an ihrem Nationalfeiertag mit einem Massenprotest dafür, über eine Unabhängigkeit von Spanien abstimmen zu dürfen. Die Regierung in Madrid befürchtet ein schlechtes Vorbild in Schottland.

Wenn in Katalonien am 11. September zum 300. Mal der Niederlage im Spanischen Erbfolgekrieg und damit dem Verlust der Unabhängigkeit gedacht wird, fällt dieser Tag in eine äußerst heikle Phase eines Unabhängigkeitkampfes eines anderen Landes. Die Schotten dürfen am 18. September über ihre Unabhängigkeit von Großbritannien abstimmen. Eine Abstimmung, die sich auch viele Katalanen wünschen. Am 9. November will der regierende katalanische Ministerpräsident Artur Mas die Bürger fragen, ob sie ebenfalls über die Loslösung von Spanien abstimmen möchten.

Und dafür macht die regionale Regierung fleißig Werbung. Mit Sprüchen wie "Ara es L'hora. Units per un pais nou" (Jetzt ist der Moment. Vereint für ein neues Land) ruft die Katalanische Nationalversammlung (ANC) am Nationalfeiertag zu einem Massenprotest für die Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums auf.

1,5 Millionen Menschen erwartet

"Die spanische Zentralregierung ist dagegen, dass wir die katalanische Bevölkerung überhaupt fragen dürfen, ob sie wieder eine eigenständige Nation sein wollen. Ein solches Referendum sei rechtswidrig und würde verboten werden. Deshalb müssen wir auf der Straße zeigen, was die Mehrheit der Katalanen fühlt und denkt", hofft die ANC-Vorsitzende Carme Forcadell auf eine große Beteiligung bei der Protestkundgebung.

Wie das Volk tatsächlich zur Unabhängigkeit steht, dazu gibt es unterschiedliche Umfrageergebnisse. Auf jeden Fall dürfte der Protestmarsch für ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien von einem großen Teil der Bevölkerung unterstützt werden. Das glauben zumindest die Protestmarschveranstalter der ANC und des katalanischen Kulturverbands Omnium Cultural. Und so werden über eineinhalb Millionen Menschen bei der Demonstration erwartet.

"Demokratiedefizit"

Die 1500 Busse, die von ihrer Bürgerbewegung gechartert wurden, um Menschen aus allen Teilen Kataloniens nach Barcelona zu bringen, sind bereits seit Wochen komplett. Für das überdimensionale Mosaik, mit dem auf zwei Hauptstraßen Barcelonas ein gigantisches "V" gebildet werden soll, haben sich bereits 455.000 Personen angemeldet. Das "V" soll dabei sowohl für "victoria" (Sieg) für die Durchführung eines Referendums stehen, als auch "voluntad" (Wille) und "votar" (wählen) symbolisieren.

Omnium-Vorsitzende Muriel Casals versteht die Widerstände seitens der spanischen Zentralregierung gegen diese Volksbefragung nicht: "Es ist kein juristisch bindendes Referendum. Es geht doch nur darum, zu sehen, ob wir wirklich die Mehrheit sind, die sich von Spanien loslösen möchte. Die spanische Regierung und die spanischen Gerichte haben eindeutig ein Demokratiedefizit".

Spanische Anleihen zeigen Nervosität

Wie wichtig die katalonische Region für die gesamte spanische Wirtschaft ist, zeigen die Kurse der spanischen Anleihen. Diese haben am Dienstag ordentlich Federn lassen müssen. Im Gegenzug kletterte die Rendite der zehnjärigen Anleihe auf 2,19 Prozent nach 2,089 Prozent im Schlussgeschäft des Vortages. Händlern zufolge spekulierten einige Anleger darauf, dass die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland auch die separatistischen Tendenzen im spanischen Katalonien verstärken könnte.

Sollten die Schotten am 18. September tatsächlich für eine Abspaltung stimmen, könnte sich die katalanische Bewegung dadurch ermutigt fühlen, sagte Michel Juvet von der Schweizer Bank Bordier. Zuletzt hatten die schottischen Nationalisten in Umfragen an Boden gutgemacht.

Einige Experten verwiesen angesichts der Kursrückgänge bei den spanischen Bonds aber auch auf Gewinnmitnahmen, da die Anleihen zuletzt deutlich gestiegen waren. Die Renditen hatten zuletzt ein Rekordtief von knapp über zwei Prozent markiert.

(APA/Reuters)

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