"Ghetto-Bildung": Protest gegen Asyl-Quartier am Semmering

Asyl: Protest gegen Großquartier am Semmering
Asyl: Protest gegen Großquartier am Semmering APA/HANS KLAUS TECHT
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Das Innenministerium will im Hotel Haus Semmering 150 Asylwerber unterbringen. "Die Vorgangsweise ist nicht akzeptabel", heißt es aus der Steiermark.

Ein neues Asylquartier im obersteirischen Spital am Semmering sorgt für Aufregung bei Bevölkerung und Landespolitik. Das Innenministerium teilte der Gemeinde am Montag mit, dass ein Quartier für vorerst 150 Flüchtlinge im Hotel Haus Semmering eingerichtet wird. Dienstagabend sollen dann bereits die ersten Bewohner eingetrudelt sein, wie Bürgermeister Reinhard Reisinger (SPÖ) am Mittwoch erklärte.

Auch das Land Steiermark wurde kalt erwischt: Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) erfuhr ebenfalls erst am Montagnachmittag vom Ausmaß dieser Bundesvergabe. Vorher habe das Innenministerium zwar von Gesprächen über ein Quartier am Semmering informiert, jedoch nicht davon, dass es für bis zu 200 Flüchtlinge ausgelegt sein soll. Man habe weder das Einvernehmen mit der Gemeinde noch mit dem Land gesucht. Der Vertrag soll bereits auf 15 Jahre abgeschlossen und unterzeichnet sein. "Die Vorgangsweise des Innenministeriums ist nicht akzeptabel", kritisiert Schrittwieser.

An den Bund herangetragen hat das Angebot offenbar die Eigentümerin des Hotels, eine slowakische Unternehmerin, die das Haus Semmering vor Jahren erstanden hatte. Laut Reisinger dürften ihre Kinder kein Interesse an einer Fortführung haben, deshalb soll sie das Drei-Sterne-Haus dem Bund als Quartier angeboten haben. Aus dem Ministerium hieß es am Mittwoch, es handle sich nicht um ein Erstaufnahmezentrum wie jenes in Traiskirchen, sondern um eine Bundesbetreuungseinrichtung, wie es mehrere davon im Land gebe.

Bürgermeister befürchtet "Vollstopfen"

Laut Reisinger will das Ministerium vorerst 100 bis 150 Flüchtlinge einquartieren. Er befürchtet aber, dass man das Hotel "vollstopfen" werde, denn es stehen 250 Gästebetten und 80 Zusatzbetten zur Verfügung. Damit seien mehr als 300 Plätze möglich, und das Ministerium habe schließlich das ganze Haus angemietet.

Diese Flüchtlinge würden zu den bereits bestehenden rund 70 Asylwerbern, die derzeit schon in der Gemeinde Quartiere beziehen, dazukommen: "Das sind dann 370 Fremde bei rund 600 im Ort Steinhaus lebenden Einheimischen", rechnete der Bürgermeister vor. Laut Ministerium ist das Quartier aber für maximal 200 Bewohner zugelassen, diese Zahl werde auch nicht überschritten.

"Leute wollen wegziehen"

Reisinger hat eigenen Angaben zu Folge bereits Anrufe aus der Bevölkerung bekommen: "Leute wollen ihr Haus verkaufen, wegziehen und nicht mehr da leben, die Kinder würden sich dann nicht mehr hinaustrauen", sagt der Bürgermeister. Auch für Landesrat Schrittwieser fehlt die Verhältnismäßigkeit. Der Landesrat sprach von einer "unzumutbaren Ghetto-Bildung" und will eine gerechtere Verteilung auf das ganze Bundesgebiet erreichen. Mittwochvormittag besprach er sich mit Landeshauptmann Franz Voves, welche Schritte man noch setzen könne: "Rechtlich gibt es für das Land und die Gemeinde aber keinen Spielraum."

Noch ist das Hotel übrigens auf Buchungsseiten im Internet im Angebot, wobei die Gästebewertungen von "ein wenig Ost-Flair zu gutem Preis" über "teilweise Jugendherbergencharakter" bis hin zu "super mit Kindern" reichen.

(APA)

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