Traiskirchen: Mikl-Leitner umgeht Asylwerberstopp

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)APA/GEORG HOCHMUTH
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Anstatt die Zahl der Asylwerber in der Flüchtlingseinrichtung zu senken, befinden sich aktuell wieder rund 1400 Personen dort. Die Innenministerin will keine andere Wahl haben.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) umgeht angeblich den gewerberechtlichen Bescheid, womit die Bezirkshauptmannschaft Baden der im Flüchtlingslager Traiskirchen tätigen Firma ORS untersagt, neu hinzukommendeAsylwerber zu betreuen. Denn laut dem Ö1-“Mittagsjournal“ von Mittwoch liegt dort die Zahl der Asylwerber neuerlich 1391.

Hatte Mikl-Leitner vor einigen Wochen noch betont: „Dieser Beschied ist rechtsgültig. An diesen Bescheid haben sich meine Beamten selbstverständlich zu halten.“ Da nun aber täglich 100 bis 130 Asylwerber nach Österreich kommen, habe man keine andere Wahl, als diese auch aufzunehmen, meinte die Ressortleiterin im ORF-Radio. Einen verstoß gegen den Bescheid sieht sie nicht, denn nicht mehr die Firma ORF, sondern Mitarbeiter des Innenministeriums übernehmen deren Betreuung.

„Entscheidend ist, dass wir alle Asylwerber gut versorgen können“, rechtfertigte sich Mikl-Leitner. „Ein Teil wird über ORS versorgt, ein Teil wird von uns versorgt. Mein Ziel ist es in den nächsten Wochen Traiskirchen zu entlasten. Da braucht ich aber Quartiere, Quartiere, Quartiere.“

Mikl-Leitner lehnt Platzbeschränkung derzeit ab

Die von Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) aufgebrachte Beschränkung von 150 Flüchtlingen pro Einrichtung dürfte laut Mikl-Leitner übrigens nicht so bald kommen. Zwar wäre solch eine Höchstgrenze begrüßenswert, diese Forderung aber gerade jetzt angesichts des aktuellen Flüchtlingsstroms zu stellen, entbehre nicht einer gewissen Ironie.

Babler hatte seinen Wunsch einer Beschränkung auf maximal 150 Flüchtlinge sowie auf ein Prozent der jeweiligen Wohnbevölkerung am Dienstag bei einem Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vorgetragen. Der Regierungschef sagte daraufhin zu, diesen Vorschlag in der Regierung zur Diskussion zu stellen. Mikl-Leitner zu überzeugen dürfte dabei schwierig sein. Ihrer Ansicht nach befinde sich ganz Europa hinsichtlich der Flüchtlingsströme in einer Ausnahmesituation. Die Asylwerber könnten schließlich nicht auf der Straße stehen gelassen werden. Auch will sie Zeltstädte wie in Deutschland vermeiden. Daher habe man mittlerweile vier neue Bundesquartiere in den Ländern geschaffen.

Generell appellierte Mikl-Leitner an die Landes- und Gemeindepolitik, sich von dem Floriani-Prinzip "Helfen ja, aber nicht in meiner Gemeinde" zu verabschieden. Einmal mehr warb sie dafür, die Flüchtlingsaufteilung künftig zur Bundessache zu machen. Dabei hätte man keine klassischen Erstaufnahmestellen mehr, sondern es würden die Asylwerber zunächst einfach in jenen Ländern erfasst, wo sie zuerst auftauchen. Ein Konzept hierzu werde sie Ende September vorlegen.

Asyl in Zahlen

Dass die Belagzahl in Traiskirchen wieder so hoch ist, hängt mit den aktuellen Flüchtlingsströmen zusammen, sowie damit, dass die Länder bei der Erfüllung ihrer Quotenvorgaben unverändert säumig sind. Neben Wien, das seine Quote wie immer weit übererfüllt, konnte dies am Mittwoch (dank Traiskirchen) nur Niederösterreich von sich behaupten. Auch die als vorübergehender Kompromiss geltende 88 Prozent-Quote schaffen nicht alle Länder. Zwar nur knapp, aber doch darunter liegen derzeit Oberösterreich, die Steiermark, Kärnten, Salzburg und Tirol.

Probleme bereitet unverändert der Zustrom vor allem syrischer Asylwerber. In den ersten acht Monaten des Jahres beantragten 3497 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland in Österreich Asyl. Das bedeutet ein Plus von 332 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der August hat insgesamt einen starken Anstieg der Asylwerber-Zahlen gebracht. 2341 Anträge kamen ein, was einen Anstieg von 73 Prozent gegenüber den 1352 Ansuchen des Vorjahres-Augusts bedeutet.

>> Bericht des Ö1-"Mittagsjournals"

(APA/Red.)

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