"Burgtheater und Oper brauchen eine starke Holding"

G�NTER RHOMBERG WIRD INTERIMISTISCHER BUNDESTHEATER-HOLDING-CHEF
G�NTER RHOMBERG WIRD INTERIMISTISCHER BUNDESTHEATER-HOLDING-CHEF(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Interview. Günter Rhomberg soll als Geschäftsführer der Bundestheater-Holding in knapp 16 Monaten das Burgtheater,
aber auch die Staats- und Volksoper aus Turbulenzen bringen. Der „Presse“ verriet er das Wesentliche seines Masterplans.

Die Presse: Franz Welser-Möst ist jüngst als Generalmusikdirektor der Staatsoper zurückgetreten, wegen Auffassungsunterschieden mit Direktor Dominique Meyer. Ein künstlerischer und ein Musikdirektor – ist da der Konflikt vorprogrammiert?

Günter Rhomberg: Ich hatte schon den Eindruck, dass eine weitere Zusammenarbeit möglich gewesen wäre. Aber dieser Kommunikationskonflikt, der auch einen sachlichen Hintergrund hat, konnte nicht bereinigt werden. Derzeit gibt es keine Notwendigkeit, die Stelle neu zu besetzen. Meyer hat eine große Vergangenheit, aber die Staatsoper ist eine Herkules-Aufgabe, sodass es für den Direktor gut sein kann, einen wirklich exzellenten künstlerischen Berater zu haben.


Ist die Auflösung des Vertrags mit Welser-Möst schon rechtlich geregelt?

Es scheint keine Probleme zu geben. Nach dem letzten Stand soll es für beide Seiten keinen materiellen Nachteil geben. Gut tut uns der Konflikt nach jenem im Burgtheater aber nicht. Mein Interesse als Geschäftsführer der Bundestheater ist es, dass die Häuser im internationalen Maßstab ganz oben positioniert sind. Nur so kann man die 148 Millionen Euro Basisabgeltung nicht rechtfertigen. Aber Kunst ist immer streitbar. Es gibt immer viele Meinungen, auch die, dass sich die Staatsoper ein bisschen moderner zeigen könnte, etwa im Verhältnis zu München.


Die Auslastungsquote liegt bei 99 Prozent.

Ich bin einer, der lieber die wirtschaftliche Auslastung kennt. Im Burgtheater sind wir ausverkauft, aber die wirtschaftliche Auslastung ist sehr niedrig. Daher wird man auch an größeren Rädern drehen müssen, um die Reduktion des Budgets zu verkraften. Tatsache ist – das gilt für alle drei Häuser –, dass die Nichtvalorisierung tariflicher Lohnabschlüsse einen an die Wand geführt hat. Doch wir haben jetzt das Image, sogar bei unseren eigenen Mitarbeitern, das Geld verschleudert zu haben. Objektiv stimmt das nicht.


Die Missstände am Burgtheater kann man aber wohl nicht ausblenden.

Aber diese Schlampereien gehören der Vergangenheit an. Die Burg braucht eine gute Geschäftsführung, die ist im Aufbau. Die war nicht gegeben, das ist der Hauptgrund für die Schwierigkeiten. Die Frage ist, wieso hat man das nicht erkannt?


Womit wir beim Aufsichtsrat sind. Wird ihn die Holding entlasten?

Es ist aus irgendeinem Grund noch nicht passiert. Das ist eine eigenartige Situation. Ich bin im Aufsichtsrat, den Vorsitz hat Christian Strasser. Und es kommt dann ein neuer Aufsichtsrat. Es wäre wünschenswert, dass die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden in allen Töchtern wieder in einer Hand ist.


Im Ministerium wurde diskutiert, ob die Aufsichtsratsprotokolle der vergangenen Jahre veröffentlicht werden sollen. Nun haben Sie darüber entscheiden.

Ich möchte das nicht tun. Es ist völlig unüblich, interne Vorgänge öffentlich zu machen.


Andererseits könnte sich dann jeder ein Bild machen, wie jedes individuelle Mitglied dort war. Nachdem der Aufsichtsrat im November neu formiert wird, ist das nicht uninteressant.

Das Gericht wird sie sehen. Ich habe einen Teil der Protokolle gelesen und den Eindruck, es wurde sehr kritisch hinterfragt. Nach meinem Gefühl waren aber Aufsichtsratstätigkeit und Geschäftsführung nicht klar getrennt. Die Aufsichtsräte haben sich sogar immer mehr mit Fragen der Geschäftsführung befasst. Für die Zukunft muss es eine stärkere Führung und eine klare Trennung geben.


Was heißt das?

Die Geschäftsführung der Holding und die der Töchter, sie müssen die Dinge lösen und auf einfache Fragen einfache Antworten geben können. Bisher hat es tausende Fragen und tausend Antworten gegeben, und zum Schluss hat man wieder nichts gewusst. Bei allem künstlerischen Respekt vor Herrn Hartmann: Es kann nicht sein – wenn ich ohnehin schon seit 2009 Zweifel habe –, dass ich nicht merke, dass ich zu viel Geld ausgebe. Die einzelnen Produktionen haben nicht mehr gekostet, aber in der Gesamtheit sehr wohl, das ist doch eine einfache Rechnung!


Das Gesetz sieht acht Aufsichtsräte pro Bühne vor. Braucht man so viele? Weit größere Unternehmen haben das nicht.

Es wird meiner Meinung nach viel weniger geben müssen! Für die Zukunft wird es ein neues Gesetz brauchen. Es gilt die hochpolitische Frage zu klären, ob man eine starke Holding-Führung braucht. Mein Vorschlag wird jedenfalls dahin gehend lauten. Nicht die künstlerische, aber die wirtschaftliche Verantwortung und das Controlling müssen in der Holding wahrgenommen werden.


Derzeit bestimmt der Kulturminister alleine, wer künstlerischer Direktor wird. Ist das sinnvoll?

Ohne den Minister geht es nicht. Der Eigentümer muss wissen, was in so wichtigen Angelegenheiten passiert. Dass der Holding-Geschäftsführer derzeit auf die Auswahl des wichtigsten Mitarbeiters keinerlei Einfluss hat, ergibt sich aus dem Gesetz. Andererseits sieht es vor, dass der künstlerische Direktor mitbestimmen kann, wer Kaufmännischer Geschäftsführer wird. Als ich das gelesen habe, dachte ich mir: Das kann doch nicht sein! Ich sehe meinen Auftrag hier schon so, dass ich Vorschläge für eine neue gesetzliche Regelung schaffe, die für eine Vereinfachung, Straffung und Klarstellung der Verantwortung sorgt. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Holding-Chef den Auftrag bekommt, sich rechtzeitig darum zu kümmern, Nachfolger in der Direktion zu suchen. Entscheiden wird er nicht, aber ein gescheiter Minister wird den Holding-Geschäftsführer wohl einbeziehen. Aber speziell mit der anstehen Bestellung für das Burgtheater ab 2016 habe ich nichts zu tun.


Wie sieht ihr Masterplan für die 16 Monate als Geschäftsführer der Holding aus?

Bis Jahresende muss der gedankliche Versuch einer Neustrukturierung der Holding stehen, das ist mein Ziel. Auch der Politik muss klar werden, ob sie eine Stärkung der Holding will. Wir müssen auch wirtschaftlich ins Reine kommen, denn der zu erwartende Rechnungshofbericht für die Burg wird wieder viel Aufsehen erregen. Das schadet. Die Häuser müssen sich schnell einem Benchmarking stellen, internationale Resonanz sollte mitberücksichtigt werden. In der Volksoper funktioniert das ja sehr gut. Direktor Robert Meyer hat etwas Unternehmerisches und ist immer für sein Haus da. Ich kann nur hoffen, dass Dominique Meyer und Karin Bergmann mich auch als strategischen Gesprächspartner sehen wollen. Wobei es die Staatsoper, die in der Vergangenheit vor allem durch ihre künstlerischen Direktoren besondere Bedeutung hatte, gut macht. Man darf sie bloß nicht verlieren, indem man nur darauf schaut, dass das Haus ausverkauft ist.


Eine Frage stellt sich immer wieder: Der Vertrag des im März entlassenen Burgtheaterdirektors Matthias Hartmann wurde bereits 2012 bis 2019 verlängert, der von Dominique Meyer im selben Jahr bis 2020. Warum geschah das so früh?

Natürlich muss man gerade am Musiktheater früh planen. Doch in diesen Fällen wären so frühe Vertragsverlängerungen wie an der Burg und in der Staatsoper vielleicht nicht notwendig gewesen. Ganz grundsätzlich wurde zuletzt in vielen Fällen in Österreich zu wenig Sorgfalt darauf verwendet, darüber nachzudenken, wer an diese entscheidenden Stellen als Verantwortlicher bestellt wird. Personalfragen sind aber für die wirtschaftliche Zukunft eines Unternehmens entscheidend

Ein Sanierer aus Vorarlberg

Der Manager Günter Rhomberg (geboren 1938 in Bregenz) ist seit Anfang September 2014 interimistischer Geschäftsführer der Bundestheater-Holding. Sein Vertrag läuft bis Ende 2015.
Von 1981 bis 2012 war Rhomberg Präsident der Bregenzer Festspiele. Seit 2005 ist er zudem ehrenamtlicher Vorstand der Privatstiftung des Theaters in der Josefstadt. Dort war er maßgeblich an der Sanierung des Hauses beteiligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2014)

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