Gasstreit mit Russland: "Sie wollen, dass wir frieren"

Gasgespräche in Berlin
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Russland droht dem Westen mit Lieferunterbrechungen, sollten EU-Länder russisches Gas an die Ukraine weiter verkaufen. Die Ukraine verschärft ebenfalls den Ton.

Wenige Wochen vor Winterbeginn nehmen Russland und die Ukraine einen neuen Anlauf, um ihren monatelangen Gasstreit beizulegen. Als Vermittler hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Freitag (14.30 Uhr) erneut den russischen Energieminister Alexander Nowak und dessen ukrainischen Amtskollegen Juri Prodan nach Berlin eingeladen. Auch Gazprom-Chef Alexej Miller könnte dabei sein.

Kurz vor dem ersten Treffen seit Wochen verschärfte Nowak den Ton. Er drohte dem Westen mit Lieferunterbrechungen, sollten EU-Länder weiterhin russisches Gas an die Ukraine weiter verkaufen. "Die geschlossenen Verträge sehen keinen Re-Export vor. Wir hoffen, dass unsere europäischen Partner sich an die getroffenen Vereinbarungen halten. Nur das kann die unterbrechungsfreien Lieferungen an europäische Verbraucher garantieren", sagte Nowak dem "Handelsblatt" (Freitag).

Die Ukraine - wichtiges Transitland für russisches Gas nach Europa - bekommt seit Juni kein Gas mehr von den Russen. Kiew hat Milliardenschulden bei Gazprom. Deshalb kauft die Ukraine bei anderen Gazprom-Kunden in Polen und der Slowakei. Die Verträge verbieten aber eine solche Praxis.

"Sie wollen, dass wir frieren"

Die Ukraine verschärft indes ebenfalls den Ton. "Sie wollen, dass wir frieren", sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Rande der UN-Vollversammlung in New York zu Reuters. Dies sei das Ziel Russlands für den kommenden Winter. Und Moskau habe mit den Gaslieferungen einen Trumpf in der Hand.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte in dieser Woche angesichts des nahenden Winters eine Lösung an. Im Fall eines Lieferstopps ist die deutsche Gasversorgung nach Angaben der Bundesregierung für mehrere Monate gesichert - die Speicher sind derzeit zu 93 Prozent gefüllt.

Das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine sowie Russland und dem Westen ist derzeit wegen der Ostukraine-Krise und der wegen dieser verhängten Sanktionen stark angespannt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte am Donnerstag den proeuropäischen Kurs seines Landes bekräftigt. Spätestens 2020 wolle die Ex-Sowjetrepublik den Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellen, teilte der Staatschef in Kiew mit. Der 48-Jährige wies Regierung und Parlament zudem an, ein Gesetz über den blockfreien Status auszuarbeiten, das dem krisengeschüttelten Land die Perspektive eines NATO-Beitritts ermöglichen würde.

Russland fühlt sich durch ein Vorrücken der NATO in seiner Sicherheit bedroht. Die Ukraine verlangt vom Westen Schutz vor Russland, das die Separatisten im Donbass mit Soldaten und Militärtechnik im Donbass unterstütze. Moskau weist diese Anschuldigung zurück. Zur Kontrolle der Waffenruhe durch Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werden am Freitag die ersten Drohnen in der Ukraine erwartet.

Grünen-Europapolitikerin darf nicht einreisen

Für Aufregung sorgte am Vorabend des Gas-Treffens die verweigerte Einreise der deutschen Grünen-Europapolitikerin Rebecca Harms (57) nach Russland. "Nach drei Stunden Warten am Moskauer Flughafen wurde ihr erklärt, dass sie eine "unerwünschte" Person in Russland sei und ihre Einreise ein "krimineller Akt" wäre", teilte ihre Fraktion in Brüssel mit.

Das Auswärtige Amt bewertete die "völlig unvermittelte" Einreise-Verweigerung als "inakzeptabel", wie eine Sprecherin in Berlin erklärte. "Das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft in Moskau haben sofort bei der russischen Botschaft in Berlin und im russischen Außenministerium in Moskau demarchiert und dagegen protestiert."

Die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament wollte am Freitag als Beobachterin an einem Gerichtstermin in Moskau gegen die wegen Mordes angeklagte ukrainische Pilotin Nadeschda Sawtschenko teilnehmen. Harms sei trotz eines Diplomatenpasses abgewiesen worden, hieß es. Eine Stellungnahme der russischen Behörden gab es zunächst nicht. Für Grenzkontrollen ist der Inlandsgeheimdienst FSB zuständig.

(APA/dpa/Reuters)

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