Warum man beim IPO von Zalando die Vorgänge um Alibaba im Kopf behalten

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Und Aixtron vor einer Trendwende steht.

Der größte Börsengang aller Zeiten hat den Märkten nicht den erhofften Schub verpasst: Dazu war Alibaba zu ambitioniert gepreist. Und an der Börse ist nach wenigen Stunden Euphorie schnell wieder Ernüchterung eingekehrt. Immerhin sitzen die Anleger, die in den ersten Stunden bis zu 100 Dollar für die zu 68Dollar ausgegebene Aktie hingelegt haben, kumuliert schon auf recht satten Verlusten.

Die Stimmung ist also verhalten, und auch die äußere, fundamentale Umgebung der Märkte wird immer unwirtlicher. Immerhin werden die Konjunkturprognosen derzeit im Wochentakt dramatisch reduziert. Und zwar weltweit. In Europa herrscht de facto schon Stagnation.

Unter normalen Umständen würde das bedeuten, dass die Kursniveaus speziell auf den wichtigen europäischen Märkten (aber auch in den USA, wo sie auf oder nahe ihren Höchststände liegen) fundamental einfach nicht mehr gerechtfertigt sind. Die Börsen geben derzeit zwar nichts auf Fundamentals, sondern leben vom mehr als reichlich gedruckten Zentralbankgeld, das nicht so schnell versiegen wird. Aber übertrieben gesund sieht das Ganze momentan nicht aus. Einen kleinen Rückschlag einzuplanen (und Maßnahmen zu ergreifen, um vor einem größeren rechtzeitig das Weite zu suchen) kann also nicht schaden.

Dabei stehen in Deutschland ja Ereignisse bevor, die normalerweise beflügelnd auf die Märkte wirken: die zwei größten Börsegänge seit Langem. Immerhin werden der Onlinehändler Zalando(ISIN DE000ZAL1111) und der Start-up-Inkubator Rocket Internet (DE000A12UKK6) mit Marktkapitalisierungen auf den Markt kommen, die jeweils jenen des Riesenkonzerns Lufthansa entsprechen.

Kann man da „zuschlagen“? Generell gilt die hier immer vertretende Regel, dass man bei hochgehypten Börsengängen, bei denen man keine Zuteilung zum Ausgabepreis bekommt, ein paar Tage die Entwicklung „checkt“, bevor man einsteigt. Das hätte beispielsweise beim Alibaba-IPO davor geschützt, in der ersten Euphorie um 99 Komma noch was Dollar zu kaufen – und am Ende des Tages schon auf fast acht Prozent Verlust zu sitzen.

Die Gefahr, dass es bei Zalando und Rocket Internet ähnlich läuft, besteht durchaus. Zalando beispielsweise soll am kommenden Mittwoch (1.Oktober) in einer Preisspanne von 18 bis 22 Euro auf den Markt kommen. Anzunehmen, dass der Ausgabepreis am oberen Ende liegen wird, denn auf außerbörslichen Plattformen, wie Lang & Schwarz oder Tradegate, wird Zalando im Vorfeld schon mit fast 28 Euro taxiert. Das sieht schwer nach Fingerverbrennen am ersten Börsentag aus.

Nicht ganz so krass entwickelt es sich bei Rocket Internet, dessen Börsendebüt am 2.Oktober ist. Dort beträgt die Preisspanne 35,5 bis 42,5 Euro, im außerbörslichen Handel wurden zuletzt rund 47 Euro geboten. Sollte sich an diesem Umfeld bis zum Tag der Erstnotiz nichts ändern, gilt: Zugeteilte Aktien am ersten Tag zum Höchstkurs verscherbeln (man kann sie später ja wieder günstiger zukaufen) und vom Börsenhandel die Finger lassen, bis sich der IPO-Nebel gelichtet hat. Aus fundamentaler Sicht ist Zalando besser als Rocket Internet aufgestellt. Letzteres Papier wird im Entry-Segment der Frankfurter Börse notieren. Da ist die nötige Transparenz nicht gegeben.

Der Zalando-Börsegang wirft auch Schlaglichter auf andere Branchenunternehmen, die in der „old economy“ schon etabliert sind und nun massiv eine Internetschiene aufbauen. Sehr gut sieht hier die schwedische Branchengröße Hennes & Mauritz AB(ISIN SE0000106270) aus. Der auch hierzulande omnipräsente Textilkonzern ist am Donnerstag und Freitag zwar ordentlich eingeknickt, das sieht aber eher nach günstigem Einstiegskurs als nach beginnender Krise aus.

Was steht sonst noch an? In Deutschland hat die zuletzt nicht gerade super performende Aktie des TecDAX-Werts Aixtron(ISIN DE000A0WMPJ6) am Donnerstag einen 16-Prozent-Sprung nach oben hingelegt, nachdem ein Riesenauftrag aus China bekannt gegeben worden ist. Analysten glauben, dass das dem angeschlagenen Unternehmen (und damit auch der Aktie) eine klassische Trendwende bescheren könnte. Wer sich dem anschließt, sollte mit dem Einstieg aber die gesunde Korrektur abwarten. Ein 16-prozentiger Anstieg an einem einzigen Tag setzt sich normalerweise nicht kontinuierlich fort.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2014)

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