EM in Österreich: Mehr Babys oder mehr Herzinfarkte?

Ein Fan bei der EM 2004 in Portugal
Ein Fan bei der EM 2004 in Portugal(c) GEPA (Dominic Ebenbichler)
  • Drucken

Die Fußball-WM 2006 hat gezeigt, dass Sport die Bevölkerungs-Zahlen beeinflusst. Mediziner warnen vor dem Risiko für Herzkranke. Andere sprechen von verrückt spielenden Hormonen. Eine Prognose ist schwierig.

Deutschland im Sommer 2006: eine ganze Nation im WM-Freudentaumel. Und nicht nur das: Zahlreiche deutsche Medien prophezeiten einen Babyboom neun Monate nach der Fußballweltmeisterschaft, so als hätte die eine Hälfte der Nation mit der anderen Hälfte ihre Euphorie im Bett, hinter Büschen und neben Dixi-Klos ausgelebt. Später hieß es, dass die Zahl der Sterbefälle während des Bewerbs, der vom 9. Juni bis 9. Juli 2006 dauerte, gestiegen sei. Was kommt auf Österreich bei der EM zu - Babyboom oder Massensterben?

Kaum Geburtenplus, mehr Herzinfarkte

Anfang 2007 vermeldeten deutsche Geburtskliniken, dass sie mit einem Geburtenplus von zehn bis 15 Prozent rechnen. "Mehr Geburten neun Monate nach solch einem Ereignis sind nur auf den ersten Blick überraschend", erklärte der Leiter der Geburtsklinik Dr. Koch in Kassel, Rolf Kliche. "Die Einstellung des eigenen Körpers und die Rolle der Hormone werden oft unterschätzt. Wer eine positive Grundstimmung hat, wird auch einfacher schwanger." Die Euphorie habe sich anscheinend auf alle Lebensbereiche ausgedehnt, so Kliche.

Bei einem genaueren Blick auf die Geburtenzahlen im März und April 2007 - neun Monate nach der WM - zeigt sich allerdings, dass "zwar eine leichte Zunahme der Geburten während dieser Zeit zu verzeichnen ist, ob allerdings dies auf die Fußball-WM zurückzuführen ist, können wir nicht beurteilen", wie Simone Balzer vom deutschen Statistikamt destatis sagte. Im März waren es 2000 Neugeborene weniger, im April 2500 mehr als im Jahr davor. Von einem Babyboom könne man "auf keinen Fall" sprechen, meinte auch Martin Conrad vom Statistischen Bundesamt.

Dafür spricht die Zahl der Todesfälle eine eindeutige Sprache: Während im Juni 2006 drei Prozent mehr Sterbefälle als im Jahr davor aufgetreten sind, sind es im Juli gleich um zwölf Prozent mehr. Die Universitätsklinik München-Großhadern hat die Ursachen untersucht und entdeckt, dass "ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Rhythmusstörungen" besteht. Während der Spiele der deutschen Mannschaft war das Infarkt-Risiko 2,66 Mal höher als an einem normalen Tag, für Männer sogar 3,26 Mal höher. Die Klinik empfiehlt daher Vorsichtsmaßnahmen bei Menschen mit Herzproblemen.

Wie begeisterungsfähig sind Österreicher?

Natürlich hinkt der Vergleich mit Deutschland etwas - nicht nur, weil für Österreich bei der EM den Wettquoten zufolge schon nach der Gruppenphase Schluss sein wird, während Deutschland bei seiner Heim-WM den dritten Platz erreichte. Es stellt sich auch die Frage, ob die Österreicher ähnlich euphorisiert durch die EM taumeln werden wie unsere Nachbarn bei der WM. Bei uns steht der Wintersport ja viel höher in der Gunst der Fans - zeigen Ski-Events einen größeren Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung hierzulande? Auch nicht, wie eine Anfrage beim Standesamt Innsbruck zeigt: Weder 1964 noch 1976 hat sich bei den Olympischen Winterspielen eine signifikante Veränderung der Geburten- und Sterbezahlen gezeigt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.