Wie die Justiz Personalkosten auslagert

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Auch nach massiver Kritik des Rechnungshofs am Personaldienstleister "Justizbetreuungsagentur" will sich das Justizministerium nicht viel bewegen.

Wien. „Mit der ,Justizbetreuungsagentur‘ wurden zusätzliche Strukturen für Führung und Verwaltung des zugekauften Personals aufgebaut und Mehraufwendungen verursacht.“ Mit diesem Leitsatz brachte der Rechnungshof vor einigen Monaten („Die Presse“ berichtete) seine harte Kritik auf den Punkt. Im Visier hatte er genau den Personaldienstleister, der die Justiz seit 2009 mit zusätzlichen Arbeitskräften versorgte, eben die in der Öffentlichkeit wenig bekannte „Justizbetreuungsagentur“ (JBA). Derzeit sei sie dabei, sich zu konsolidieren, sagt Geschäftsführer Thomas Schützenhöfer der „Presse“. Grundlegende Probleme bleiben aber.

Nach dem ursprünglichen Plan des Justizressorts sollte die JBA zusätzliches Personal, nämlich Privatangestellte, in den Strafvollzug pumpen: Sozialarbeiter, Krankenschwestern, Psychologen. Vor allem die Betreuung von geistig abnormen Rechtsbrechern sollte forciert werden. Später kamen andere Bereiche dazu. Etwa die Familiengerichtshilfe. Dabei handelt es sich um Betreuungspersonal, das den Familienrichtern zum Beispiel bei Obsorgestreitigkeiten zuarbeitet.

Personal als Sachaufwand

Die JBA wurde also „erfunden“, weil es für Beamte oder Vertragsbedienstete keine oder zu wenig zusätzliche Planstellen gab. Dafür fehlte das Geld. Mit der JBA ließ sich die starre Bundesdienststruktur umgehen. Die Agentur versuchte, mit Flexibilität zu punkten. Recht praktisch war und ist: Die Ausgaben für das von der JBA geführte – der Justiz zur Verfügung gestellte – Personal gelten im Bundesrechnungsabschluss als Sachaufwand. Öffentliche Debatten über (zu hohe) Personalkosten werden damit hintangehalten.

Dies stört den Rechnungshof ganz besonders. Der Personalplan des Bundes werde unterlaufen, der Grundsatz der Budgetwahrheit mit Füßen getreten, heißt es. Der wahre Personalaufwand der Justiz sei nicht mehr transparent.

Ändert diese Kritik etwas? Nein– und das ist bemerkenswert, stellt die Agentur doch mittlerweile 630 Personen bereit. Tendenz stark steigend. Angefangen hat man 2009 mit der Überlassung von gerade einmal 30 Leuten. Das Justizressort, also jene Stelle, die die Agenturangestellten anfordert, spielt den Ball auf „Presse“-Anfrage weiter: „Im Haushaltsrecht des Bundes (Zuständigkeit des Finanzministeriums) ist geregelt, welche Ausgaben als Personalaufwand zu verrechnen sind. Zahlungen [...] für die Überlassung von („Leih“-)Arbeitskräften fallen nicht darunter, gelten daher haushaltsrechtlich als Sachaufwand.“

Von welchen Beträgen ist die Rede? Die Aufwendungen der JBA betrugen 2012 etwa 12,4 Millionen Euro (der Betrag für 2013 wurde auf Anfrage vom Justizressort nicht genannt). Freilich fällt auch der reine Verwaltungsaufwand der Agentur ins Gewicht. Für diesen überweist das Ministerium ein sogenanntes Basisentgelt an die JBA. 2009 waren das 0,5 Millionen Euro, 2013 dann drei Millionen. Es gab also eine Steigerung von 460 Prozent.

„Dies ist mit dem Anstieg der Bereitstellungen zu erklären“, sagt Schützenhöfer. 23 Leute würden derzeit in der Verwaltung eingesetzt. „Das ist schlank“, findet er. Und er erklärt, dass er sich mitten in der Umsetzung diverser Rechnungshof-Empfehlungen befinde.

Doppelte Verwaltungsstruktur

Im Ressort von ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter will man in Sachen Verwaltungskosten nichts beschönigen, finanziell gesehen liege quasi ein Nullsummenspiel vor: „Wären die Leistungen, die mit dem Basisentgelt abgegolten werden, durch Bundesbedienstete erbracht worden, so wären stattdessen Personalausgaben in vergleichbarer Höhe angefallen.“

Zurück zum ursprünglichen Aufgabenfeld der JBA, dem Strafvollzug. Hat man sich hier durch den Einsatz von JBA-Angestellten etwas erspart? Auch da trat der Rechnungshof als Spielverderber auf: „Aus der unterschiedlichen Entlohnungsbasis der Angestellten der JBA im Vergleich zu den im Strafvollzug eingesetzten Bundesbediensteten ergaben sich insgesamt keine Ersparnisse für das Justizministerium.“ Weiter: „Mehrkosten, die das Ministerium der Agentur [...] zu vergüten hatte, entstanden hingegen aus den erforderlichen parallelen bzw. doppelten Strukturen im Bereich der Personalverwaltung.“

Hat dies Konsequenzen? Auch hier winkt das Justizressort ab: „Gerade beim Betreuungspersonal entsteht immer wieder ein zeitlich limitierter Bedarf, der rasch und flexibel abgedeckt werden muss. Daher ist auch eine Änderung dieser Rekrutierungspraxis in nächster Zeit nicht beabsichtigt.“

Eine Neuerung wird aber doch in Aussicht gestellt. Die im ersten Bezirk, Universitätsstraße 5, untergebrachte JBA könnte übersiedeln. Es wurden nämlich nie kostengünstigere Standorte geprüft. Nun sagt das Ministerium: „Es werden Möglichkeiten geprüft, die JBA an einem anderen Standort unterzubringen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2014)

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