Kabul: Taliban begrüßen neuen Präsidenten mit Anschlag

Afghanistans neuer Präsident Ashraf Ghani lässt sich feiern
Afghanistans neuer Präsident Ashraf Ghani lässt sich feiernREUTERS
  • Drucken

Nach monatelangem Streit konnte am Montag Ashraf Ghani endlich als neuer Staatschef vereidigt werden. Die Taliban verübten zwei Selbstmordanschläge.

Montagfrüh wurde Ashraf Ghani als neuer Präsident Afghanistans vereidigt - und die radikal-islamischen Taliban-Milizen begrüßten den neuen Staatschef gleich mit zwei Anschlägen. Kurz bevor in der Hautstadt Kabul die Vereidigungszeremonie begann, sprengte sich in der Nähe des Flughafens ein Selbstmordattentäter an einem Checkpoint in die Luft. Augenzeugen berichteten von mehreren Toten und Verletzten. Ein zweiter Selbstmoranschlag ereignete sich im Osten des Landes, in der Provinz Paktia. Da der Anschlag an einem belebten Ort verübt wurde, wurden zahlreiche Todesopfer befürchtet. Zahlen darüber lagen zunächst aber keine vor.

In der Hauptstadt Kabul herrschten am Montag wegen Ghanis Vereidigung strengste Sicherheitsvorkehrungen. In der Vergangenheit war es den Taliban allerdings auch trotz solcher Maßnahmen immer wieder gelungen, mitten im Regierungsviertel zuzuschlagen oder gut geschützte militärische Einrichtungen anzugreifen.

Machtkampf um Karzais Erbe

Der 65-jährige Ghani beerbt seinen umstrittenen Vorgänger Hamid Karzai, der fast 13 Jahre als Staats- und Regierungschef an der Spitze Afghanistans gestanden war. Ghani, ein früherer Finanzminister, wurde mit der Formel „Ich schwöre im Namen Gottes des Allmächtigen, den Islam und die Verfassung zu befolgen und zu unterstützen“, vereidigt und versprach, die nationale Souveränität zu schützen. Die Taliban rief der neue Präsident zu Friedensverhandlungen auf.

Ghani hatte die Stichwahl um das Amt in Juni gewonnen, es ist der erste demokratische Machtwechsel in der Geschichte Afghanistans. Der Wahl folgte allerdings ein erbitterter Streit mit seinem unterlegenen Rivalen, dem früheren Außenminister Abdullah Abdullah. Nach der Stichwahl überzogen sich beide Seiten mit schweren Betrugsvorwürfen. Die acht Millionen abgegebenen Stimmen wurden daraufhin komplett neu ausgezählt. Während Abdullah den Rückhalt von Tadschiken und anderen ethnischen Gruppen im Landesnorden genießt, wird Ghani von den Paschtunen-Stämmen im Süden und Osten unterstützt.

Fast wäre die Vereidigung am Montag dann noch geplatzt - wegen eines Streits um Büroräumlichkeiten und Abdullahs Anspruch, bei der Zeremonie eine Rede zu halten. Der US-Botschafter in Kabul musste den Streit quasi in letzter Minute schlichten.

USA hoffen auf Sicherheitsabkommen

Erst vor einer Woche konnten sich die beiden auf eine Regierung der nationalen Einheit einigen, in der Abdullah als eine Art Ministerpräsident fungiert. Dieses Amt ist allerdings in der afghanischen Verfassung gar nicht vorgesehen. Auch Abdullah wurde am Montag vereidigt.

Die USA hoffen, dass Kabul nach dem Amtsantritt Ghanis zügig ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet, das die Bedingungen für den Verbleib von US-Soldaten in Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen bis zum Jahresende regeln soll. Weil die Sicherheitslage auch 13 Jahre nach dem Sturz der radikalislamischen Taliban weiter prekär ist, sollen weiter ausländische Soldaten zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte im Land bleiben - jedoch nur auf Grundlage eines Sicherheitsabkommens, das sie etwa vor Strafverfolgung schützen soll. Das Abkommen mit den USA soll als Vorlage für Vereinbarungen auch mit anderen in Afghanistan engagierten Ländern dienen.

(APA/DPA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Machtteilung in Kabul

Deal für Einheitsregierung als breite Anti-Taliban-Allianz: Ashraf Ghani wird Präsident, Abdullah Abdullah Premierminister.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.