Diakonie-Direktor: "Bürgermeister müssen mehr Mut haben"

 Michael Chalupka
Michael Chalupka(c) Michaela Bruckberger
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Michael Chalupka warnt vor einer "Asflucht der Politik". Das im neuen Islamgesetz verlangte Bekenntnis von Muslimen zum Rechtsstaat sei absurd.

Diakonie-Direktor Michael Chalupka forderte am Sonntag in der ORF-“Pressetsunde“ von den Bürgermeistern "mehr Mut" bei der Unterbringung von Asylwerbern ein. Manche von diesen würden sich davor immer noch "fürchten", kritisierte er. Um dieser Angst zu begegnen brauche es "einen Dialog mit den Bürgermeistern, mit der Bevölkerung", forderte er. Zudem müssten die Tagessätze erhöht werden, auch der Mietersatz sei nach wie vor zu gering, um ein Anreiz für potenzielle Quartiergeber zu sein.

Weiters stieß sich Chalupka daran, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten für - teils sehr gut ausgebildete - Flüchtlinge weiterhin fehlten. Dabei könnten sie bei ordentlicher Anstellung "für sich selbst sorgen und belasten nicht die Grundversorgung“.

Zu dem von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigten neuen Verteilungssystem von Asylwerbern über die Bundesländer, zeigte sich Chalupka skeptisch. Die Betroffenen hätten es dann zugleich schwerer, in Privatquartieren unterzukommen. Dass nun die Kirchen von der Politik zusätzlich in die Pflicht genommen wurden, kritisierte er ebenso. Der Appell an die einzelnen Pfarrgemeinden, Quartiere zu schaffen, sei meistens "eine Ausflucht der Politik". Man verfüge schlicht nicht über die geeignete Infrastruktur neben Kirche und Gemeindesaal.

Bekenntnis von Muslimen zum Rechtsstaat "absurd"

Nicht zufrieden ist Chalupka auch mit der Art und Weise, wie der Entwurf zum neuen Islamgesetz von der Regierung präsentiert wurde - nämlich angeblich ohne Abstimmung mit der Glaubensgemeinschaft selbst. Dass man darin von Muslimen ein Bekenntnis zum Rechtsstaat einfordere sei zudem "absurd", da dies von jedem Bürger verlangt werde. "Es spricht ein bisschen Misstrauen heraus, dass islamische Bürger ein Problem mit dem Staat hätten", so der Diakonie-Direktor. Als positiv bewertete er die darin fixierte Schaffung einer islamisch-theologischen Fakultät an der Universität Wien. Die Debatte um einen einheitlichen Koran im Vorfeld sei wiederum kontraproduktiv gewesen.

Sehr viel erwartet sich Chalupka zur anlaufenden Enquete "Würde am Ende des Lebens". Eine verfassungsrechtliche Verankerung des Sterbehilfe-Verbots wünscht er sich aber nicht. Dies würde lediglich die Diskussion über das Thema "abwürgen". In besonders tragischen Fällen müsste man abwägen: "Es ist evangelische Tradition, dass wir davon ausgehen, dass es in bestimmten Fällen kein absolut richtig und absolut falsch gibt." Chalupka warnte vielmehr davor, die Patientenverfügung auszuhöhlen und ist weiterhin für einen Ausbau der Palliativmedizin in Österreich.

FPÖ erbost, Grüne zufrieden

Die Forderung von Chalupka nach Reformen im Asylwesen stieß am Sonntag bei FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl auf Kritik. Er warnte in einer Aussendung vor "noch mehr Überschwemmung Österreichs mit Flüchtlingen". Unterstützung für die Anliegen Chalupkas kam hingegen von der Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun.

(APA/dpa)

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