Die Ottakringer Straße taucht immer wieder – vor allem rund um Fußballspiele – in Zusammenhang mit Schlägereien auf. Warum ist das eigentlich so?
Wien. Eine Klarstellung gleich einmal vorweg: Ottakring ist nicht der Bezirk mit dem höchsten Ausländeranteil in Wien. Diesen hat der 15. Bezirk. Erst viel später, auf Platz 5 im Ranking (Stand 2012), kommt Ottakring. Das ändert nichts daran, dass es der Bezirk ist, der am meisten mit Migranten verbunden wird. Warum? Weil Zuwanderer in Ottakring ihre Kulturen am ehesten öffentlich ausleben.
Der Brunnenmarkt gilt zurecht als türkischer Markt, während die Ottakringer Straße sich ihren Ruf als Balkanmeile in den 1990er-Jahren verdient hat. „Es war der Treffpunkt für Menschen aus Ex-Jugoslawien“, erklärt Kurt Smetana, Leiter der Gebietsbetreuung im 16. Bezirk, warum sich in der Ottakringer Straße ein ethnisch geprägtes Lokal an das andere reiht. Hier liegen serbische Lokale in der Nähe von bosnischen, kroatischen und albanischen. Wer die „andere Gruppe“ finden will, der muss meistens nur ein paar Schritte gehen.
Insofern war es wohl kein Wunder, dass sich ausgerechnet hier Dienstagabend mehr als 200 Serben und Albaner geprügelt haben, nachdem das Länderspiel Serbien gegen Albanien (das Match wurde im Fernsehen übertragen) eskaliert ist. Für Smetana von der Gebietsbetreuung, der die Szene seit Jahren beobachtet, kam dieser Vorfall trotzdem überraschend. „So etwas gab es schon lang nicht mehr. Normalerweise herrscht hier ein friedlicher Alltag.“
Die Stimmung zwischen den alten verfeindeten Gruppen sei schon seit Jahren entspannt. Mit dem Umbau der Ottakringer Straße wurde auch das Ambiente aufgewertet. Es gibt mehr Platz für Fußgänger, einen Radweg, Sitzmöbel.
Fußballspiele scheinen freilich schon immer schwierig gewesen zu sein. 2013 prügelten sich etwa serbische und kroatische Fans nach einem WM-Qualifikationsspiel. „Der Auslöser sind die Lokale“, sagt Smetana. „Wenn sich viele Menschen treffen, dann kippt die Stimmung. In der Gruppe fühlt man sich stärker.“ (win)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2014)