Doctor's Diary: Erst die Schoko, dann der Patient

(c) ORF (Rtl/Reiner Bajo)
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Hemmungsloser Ideenklau: „Doctor's Diary“ will Soap und Comedy verbinden – und scheitert unlustig.

Außen Arzt, innen Frau – das sagt Gretchen über sich. Sie ist die Hauptfigur in „Doctor's Diary“. Gretchen ist auf der Chirurgie, um Karriere zu machen, aber eigentlich sucht sie die Liebe: „Jede Frau hat einen Traum. Das Leben zu zweit zu verbringen.“ Gretchen ist eben „der Typ Wahre Liebe“. Das gibt es nun in Doppelfolgen in ORF1.

Doctor's Diary ist hemmungsloser Ideenklau. Aus „Grey's Anatomy“ hat man sich Weiberheld und Schmachtlocke ausgeborgt – und natürlich die Dramaturgie des „Im-Lift-Stehens“. Aus Bridget Jones stammt der ein oder andere Gag und die unsäglichen „Liebes Tagebuch“-Monologe („Können gebrochene Herzen heilen? Wenn man ganz fest dran glaubt, kann man die Scherben kleben“). Und natürlich die Fixierung der Hauptperson auf Schokolade. Gretchen nämlich, die wohl eine unfassbare Größe 40 trägt, gilt als dick. Nicht das einzige Problem mit der Authentizität: Und da ist nicht mal die Rede von Notfällen, die im Kofferraum des Cabrios transportiert werden und Vätern, die mal eben eine Stelle auf ihrer Station für die Tochter freihaben. Das hat jede Arztserie, die etwas auf sich hält. Aber Doctor's Diary will nicht nur Beziehungskisten-Soap sein, sondern auch „Comedy“. Der Humor ist aber so bemüht, dass sogar Witze mit Nachnamen herhalten müssen.

Erstaunlich altmodisch

Vor allem aber ist die Serie eine hinterhältige Mogelpackung. Hinter dem Mäntelchen der Ironie versteckt sich ein erstaunlich altmodisches Weltbild. Denn die vermeintliche Karrierefrau hat ein ganz anderes, nicht minder ehrgeiziges Ziel. Wenn Gretchens Mutter empört sagt: „Was!? Eine Frau in der Chirurgie!“, dann wird sie als Ewiggestrige ausgelacht. Wenn Gretchen den Oberarzt, dem sie verfallen ist, seit sie ihn im Schulhof Mund-zu-Mund-beatmet hat, mit Kulleraugen anstarrt und denkt, er sehe „aus, als ob er Werbung für Buttermilch macht“, dann mag das als Versuch eines Gags durchgehen. Aber wenn sie dann ironiefrei meint, sie ist nun mal „ein einfältiger, naiver, eben hoffnungslos weiblicher Mensch“, dann hilft der Zuseherin die beste Schoko nichts. Außen Arzt, innen Frau? Außen hysterische Kuh, innen doch nur Professorengattin.

ZUM SERIEN-PROGRAMM

Die ORF/RTL-Serie „Doctor's Diary“(Bild) läuft in acht Folgen dienstags um 20.15h/21.05h auf ORF1; montags auf RTL.

Grey's Anatomy: 4. Staffel ab Herbst, Pro7

Nip/Tuck: Mo, 23.35, Sat1; Do 21.10, ATV

Emergency Room: tägl., 19.10, ORF1

Scrubs: tägl., 18.45, ORF1 [RTL/ORF]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2008)

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