AvW-Kriminalfall: „Auer von Welsbach will sich abputzen“

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Anleger bangen um ihr Geld, der frühere Prokurist der AvW-Investment-Gruppe beteuert seine Unschuld.

WIEN. Donnerstag, kurz vor 15 Uhr. Der frühere Prokurist K. und sein Wiener Anwalt Werner Tomanek sind auf dem Weg zur Einvernahme nach Klagenfurt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Tags zuvor hatte K.s früherer Arbeitgeber, Wolfgang Auer von Welsbach, gegen K. schwere Anschuldigungen erhoben. Er sprach von „Malversationen“ eines ehemaligen Mitarbeiters, von Geschäften „hinter dem Rücken der Geschäftsleitung“, von verschwundenen Aktienpaketen. Der Prokurist soll einen Schaden von 50 Mio. Euro angerichtet haben. Dies sei auch der Grund, warum Tausende Anleger nun auf ihr Geld warten müssen, sagte Auer von Welsbach.

So kurz vor der Vernehmung überlässt es K. seinem Anwalt, der „Presse“ seine Sicht der Dinge darzulegen. „Auer von Welsbach will sich an einem weisungsgebundenen Angestellten abputzen“, sagt Tomanek. Die von Auer von Welsbach erhobenen Vorwürfe „entsprechen in keiner Weise den Tatsachen“. Sein Mandant habe keine Befugnisse übertreten. Er habe auch nichts verheimlicht, betont der renommierte Wiener Strafverteidiger.

Fest steht: Die Geschehnisse hinter den Kulissen des Investmenthauses aus Krumpendorf am Wörthersee sind mittlerweile Teil eines undurchsichtigen Kriminalfalls geworden. Kritiker haben seit geraumer Zeit darauf hingewiesen, dass die Finanzgeschäfte bei Auer von Welsbach äußerst intransparent sind. Doch in den guten Zeiten hat sich kaum jemand daran gestoßen. Die Aktie der AvW-Invest AG legte unspektakulär, aber kontinuierlich zu. Die Besitzer der AvW-Genussscheine (Eigentümerpapier ohne Stimmrecht) konnten sich jährlicher Renditen von zwölf Prozent erfreuen.

Gerüchte über gestützte Kurse

Selbst als die Finanzmärkte anfingen, verrücktzuspielen, blieb die AvW-Aktie standhaft. „Verdächtig standhaft“, wie es nun aus Anlegerkreisen heißt. Schon mehren sich Gerüchte, dass der Kurs künstlich gestützt worden sei. Dass die AvW-Gruppe diese Stützungskäufe mit Bankkrediten finanziert haben könnte. Dass die Kredite wiederum mit Aktien besichert worden seien. Jetzt seien diese deutlich weniger wert, und die Banken wollen mehr Sicherheiten, heißt es. Von offizieller Seite wird dies freilich dementiert.

Mitte des Monats kam es schließlich zum großen Showdown. Die AvW-Aktie pulverisierte sich innerhalb weniger Tage (siehe Grafik). Am 17.Oktober ging der sonst so medienscheue Auer von Welsbach an die Öffentlichkeit. Er sei bis Jahresende nicht in der Lage, die Genussscheine auszubezahlen. Er sei selber Opfer eines Exmitarbeiters, betonte der 52-jährige Urenkel des berühmten Carl Auer von Welsbach.

Der Urgroßvater hatte 1906 die Elektrische Glüh- und Bogenlichtlampe unter der Warenbezeichnung Osram patentieren lassen. Zuvor hatte er das Chemieunternehmen Treibacher gegründet. Anfang der 90-er Jahre verlegte sich Urenkel Wolfgang ganz auf das Geschäft mit Firmenbeteiligungen.

Zurück in die Gegenwart: Die angeschlagene AvW-Invest AG steht seit Mittwoch unter Beobachtung der Finanzmarktaufsicht. Diese hat dem Unternehmen einen Kommissär zur Seite gestellt, der weiteren Schaden von den Anlegern abwenden soll. Experten, wie der Anlegerschützer Wilhelm Rasinger, befürchten jedoch, dass der Schaden ohnehin längst unwiderruflich eingetreten ist.

„Es sind keine Aktien verschwunden“

Vorerst liegt es an den Ermittlungsbehörden, die AvW-Gruppe gründlich zu durchleuchten. Der nun im Visier der Staatsanwaltschaft stehende ehemalige Prokurist wurde am Donnerstag stundenlang einvernommen. Auch heute, Freitag, werde er den Ermittlern Rede und Antwort stehen, kündigte Anwalt Werner Tomanek an.

Über die Hintergrunde der Liquiditätskrise bei AvW wollte sein Mandant zur „Presse“ nichts sagen. „Die Sache ist wirtschaftlich derart komplex“, meinte Tomanek. Nur einen Punkt will K. klarstellen. „Es sind keine Aktien verschwunden“, lässt er über einen Rechtsbeistand ausrichten. Tags zuvor hatte sein ehemaliger Chef Auer von Welsbach erklärt, dass im Zuge der Malversationen ein 28 Mio. Euro schweres Aktienpaket verschwunden sei.

Es steht Aussage gegen Aussage im Kriminalfall um verschollene Millionen. Viel Dunkel, wenig Licht im Haus Auer von Welsbach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2008)

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