Kalifornien: Die Nöte des Arnold Schwarzenegger

(c) Reuters (Mario Anzuoni)
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Gouverneur Schwarzenegger gilt als neuer Politikertyp, als Zukunfts-Hoffnung der Republikaner. Derzeit plagen ihn jedoch ziemliche Sorgen: Er musste den Finanz-Notstand ausrufen.

LOS ANGELES. Unten am „Muscle Beach“ in Venice in Kalifornien schwitzen sie selbst jetzt im Winter. Mehrere Bodybuilder stemmen in dem Freiluft-Fitnessklub Gewichte, umringt von teils bewundernden, teils amüsierten Schaulustigen. Arnold Schwarzenegger hat hier einst trainiert, bevor er als Schauspieler Millionen verdiente und es am Ende bis zum Gouverneur brachte.

„Er lebt den amerikanischen Traum“, sagt Jeff, der gerade 220 Pfund gestemmt hat, über sein großes Idol. „Arnold ist unser Held. Er hat gezeigt, dass man es durch harte Arbeit in diesem Land weit bringen kann.“ Hier, am Strand der Narzisse, liebt man den Österreicher noch ungeteilt, was man vom Rest von Kalifornien nicht unbedingt sagen kann.

Loch von 28 Milliarden Dollar

Der große Rummel um Schwarzenegger hat nachgelassen. Die Starpower, die er Ende 2003 durch seine Kinokarriere ins Amt des Gouverneurs von Kalifornien brachte, ist geschwunden. Man beurteilt ihn mittlerweile mehr nach seiner politischen Arbeit als nach seiner Leinwandkarriere. Das ist vielleicht das größte Kompliment, das man dem 61-Jährigen machen kann.

Der Nebeneffekt ist freilich, dass er von den früheren Beliebtheitswerten weit entfernt ist. Zwischen 38 und 45 Prozent der Kalifornier unterstützen seine Politik – einst waren es 60 Prozent. Im Vergleich mit George Bush sind das Traumwerte, aber im Vergleich etwa mit Barack Obama muss sich Schwarzenegger verstecken.

Es ist die finanzielle Situation seines Bundesstaats, die den Steirer die Mühen der politischen Ebene erfahren lässt. In der Nacht auf Dienstag musste Schwarzenegger den Finanznotstand ausrufen. Zuletzt stritten der republikanische Gouverneur und das demokratisch dominierte Parlament wochenlang über notwendige Einsparungen in Höhe von 17 Milliarden Dollar im 145-Milliarden-Dollar-Budget. In den folgenden zwei Jahren wird es noch schwieriger: 28 Milliarden Dollar könnte das Defizit betragen – das ist schwer zu verkraften, selbst für den Bundesstaat, der die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt darstellt.

Schwarzenegger geht nun einen völlig unrepublikanischen Weg. Statt weiter zu kürzen und sich damit noch unbeliebter zu machen (was er mit seinen Zehn-Milliarden-Sparplänen bei Lehrern, Polizisten, Krankenpersonal und Gefängniswärtern getan hat), will der Gouverneur die Steuern erhöhen: beispielsweise die Mehrwertsteuer von derzeit 7,25% um 1,5 Prozent. Ölproduzenten müssen mehr an den Staat abliefern, Alkohol wird um fünf US-Cent pro Drink teurer. Viele bezweifeln, dass das genügt, um die Ausfälle durch die Wirtschaftskrise zu ersetzen.

Angetreten war Schwarzenegger, um die Misswirtschaft in Kalifornien zu beenden. Bei der Kampagne 2003 zur Absetzung des früheren Gouverneurs Gray Davis donnerte der Ex-Terminator gegen die Verschwendungssucht in der Hauptstadt Sacramento, versprach einen schlanken Staat und schimpfte die Demokraten „Girlie-Men“. „Mittlerweile ist er ziemlich kleinlaut“, lästert Mark Lindsey, Politologe an der Uni von Kalifornien.

Vorkämpfer für Umweltschutz

Doch selbst der bekennende Demokrat gesteht Arnold Schwarzenegger eines zu: Er sei eine ganz neue Klasse von Politiker. „Er lässt sich nicht so leicht einordnen in die zwei Parteien. Er hat einerseits sozialliberale Ansichten, andererseits sehr konservative. Er versucht, nach seinem Vorbild Ronald Reagan zu regieren, aber auch die demokratische Mehrheit in seinem Staat anzusprechen.“

Die Diversität Kaliforniens erlebte man erst wieder am Wahltag im November: Obama gewann hier mit 61 Prozent der Stimmen vor dem Republikaner John McCain. Doch zugleich lehnte die Bevölkerung die Anerkennung der Homosexuellen-Ehe ab, die ausgerechnet Schwarzenegger befürwortet hatte. Bei der Frage wandte er sich ebenso um 180 Grad wie etwa bei der Umweltfrage.

Mittlerweile gilt der „Governator“ als beispielhafter Vorkämpfer für den Umweltschutz und genießt US-weit Ansehen für seinen Kampf gegen den Klimawandel. Wie weit sein Ruf geht, kann man daran ermessen, dass er neben Exvizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore als Umwelt- und Energieminister in der Obama-Administration gehandelt wurde.

Erst Mitte November organisierte Schwarzenegger in Beverly Hills einen Klimaschutzgipfel, an dem 800 Politiker aus allen Teilen der Welt teilnahmen. „Wir müssen jetzt handeln, wir haben keine Wahl“, erklärte Schwarzenegger. „Wir werden die Erde zerstören, wenn wir die Treibhausgase nicht reduzieren.“

Sogar seine drei geliebten Hummer-Geländewagen ließ der Gouverneur umweltfreundlich umbauen. Jüngst verordnete er seinem Bundesstaat, bis 2020 ein Drittel der Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.

Schlafzimmerverbot

Mit dieser Art, Politik zu machen, gilt der 61-Jährige als eine der Zukunftshoffnungen der republikanischen Partei: Sozialliberal, wirtschaftspolitisch konservativ und mit Blick auf die Umwelt, so könne die Partei nach den massiven Niederlagen bei der Wahl am 4. November wieder Fuß fassen, meinen Strategen.

Auch die parteiübergreifende Zusammenarbeit, die der künftige Präsident Obama so propagiert, übt Schwarzenegger in Sacramento. Bundespolitisch geht mit ihm freilich noch manchmal der Terminator durch: Als er sich beispielsweise im Wahlkampf über Obamas „dürre Figur“ lustig machte. Das dürfte ihm zu Hause wieder Probleme eingehandelt haben. Angeblich sperrte ihn seine Ehefrau Maria Shriver, eine Demokratin, während des Wahlkampfs öfters aus dem Schlafzimmer aus.

KALIFORNIENS KRISE

Arnold Schwarzenegger hat in der Nacht auf Dienstag den Finanznotstand in Kalifornien ausgerufen. Der dramatische Schritt erlaubt es ihm und dem Parlament, innerhalb von 45 Tagen Eingriffe in den laufenden, bereits beschlossenen Staatshaushalt vorzunehmen.

Das Defizit im größten Bundesstaat der USA beträgt derzeit 11,2 Milliarden Dollar. Ohne Sparmaßnahmen könnte es sich in den kommenden zwei Jahren laut Regierungsangaben auf 28 Milliarden Dollar erhöhen.

Gouverneur Schwarzenegger hat einen Teil seiner eigenen republikanischen Partei gegen sich aufgebracht. Denn er plant nicht nur Ausgabenkürzungen, sondern auch Steuererhöhungen. Trotzdem dürfte er eine Mehrheit im kalifornischen Parlament finden, weil ein Teil der oppositionellen Demokraten ihm zustimmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2008)

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