Pädagogische Hochschule in Tirol steht vor dem Kollaps

(c) Www.BilderBox.com (Erwin Wodicka)
  • Drucken

Lehrende und Studierende beklagen Missstände.

Innsbruck. „Es braucht nicht mehr viel, um das Fass zum Überlaufen zu bringen“, sagt Clemens Staudinger, Vorsitzender der Studierendenvertretung (StV) an der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT). Die Stimmung unter den Studenten im Lehrerausbildungsinstitut in der Innsbrucker Pastorstraße sei „geladen und von Unmut geprägt“. Ins selbe Horn stoßen die als Personalvertreter fungierenden Dozenten Michael Drozdiuk und Walter Koll, Vorsitzende der Dienststellenausschüsse an der PHT: „Die Mitarbeiter sind am Rande ihrer Belastbarkeitsgrenzen angelangt.“

Grund: Die im Oktober 2007 vollzogene Umwandlung der vormals Pädagogischen Akademien (Pädak) zu Hochschulen. Ein Wechsel, der – so Lehrende und Studierende unisono – im Voraus zu wenig durchdacht worden sei. Mit dramatischen Folgen: Nach knapp drei Semestern Pädagogischer Hochschule drohe dieser nun der Kollaps.

Die Liste an Missständen ist lang: Es herrscht akuter Raummangel. Besprechungszimmer oder gar Arbeitsplätze für Lehrende sucht man ebenso vergebens wie einen Aufenthaltsraum für die rund 600 Studierenden. Doppelbelegungen von Hörsälen stehen auf der Tagesordnung.

Noch gravierender seien die Missstände im Lehrbetrieb. „Wir erhalten nur mehr teilweise das Rüstzeug, das für den Schulunterricht nötig wäre“, beklagt Hörervertreter Staudinger. Vor allem die Praxisrelevanz sei im Zuge der Umstellung verloren gegangen.

Auch die Dozenten Drozdiuk und Koll kritisieren das neue Modul-Unterrichtssystem: „Schlecht ausgebildete Lehrer sind ein Problem, das uns die nächsten 30 Jahre beschäftigen wird. Das bereitet uns große Sorgen.“

PHT-Rektor Markus Juranek weiß um die schlechte Stimmung an seiner Hochschule: „Ich sehe das auch so: Wir sind am Rande der Belastbarkeit.“ Doch für ihn sind das Folgen eines „klassischen Change-Management-Prozesses“, der noch Jahre dauern werde. Denn: „Die nur zehnmonatige Vorbereitungszeit auf die Umstellung zur Hochschule 2007 war eindeutig zu kurz.“ Zudem fehle es an Geld und Personal. Dass darunter die Qualität der Lehrerausbildung leide, bestreitet der Rektor jedoch: „Wer jetzt nach drei Jahren aus der PH rauskommt, ist kein schlechterer Lehrer, sondern hat einfach andere Qualitäten.“ Die angeprangerten Missstände täten ihm zwar sehr leid, aber letztlich hänge die PHT am Tropf des Bundes.

Forderungspaket übergeben

Aber die Lehrenden orten die Ursachen der Probleme nicht nur „außer Haus“ und fühlen sich „vom Rektorat nicht ernstgenommen“. Im November wurde daher eine große Dienststellenversammlung abgehalten. „Das letzte Mittel zur Unmutsbekündung, das uns bleibt. Darüber hinaus gibt es nur mehr den Streik“, erklärt Personalvertreter Koll. Dem Rektor wurde ein 25-Punkte-Arbeitspapier mit den dringlichsten Forderungen übergeben. Bezüglich der Umsetzung ist man aber wenig optimistisch. Studierendenvertreter Staudinger will einen Streik für die Zukunft nicht ausschließen, sollte es nicht „umgehend sichtbare Veränderungen“ geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schule

Chaos bei Schuleinschreibung in Wien

Kritik an mangelnder Planung kommtz von den Schulen. Die Opposition rügt Stadtschulratschefin Susanne Brandsteidl.
New Articles

Bereits 1990 wurden die Gymnasien überholt

Auch die AHS wirbt mit attraktiven Angeboten: Fremdsprachen, Informatik, Sport und Musik.
New Articles

Sommelier gelernt, Zahnärztin geworden

HAK und HLW punkten mit einer Vielfalt an Unterrichtsangeboten. – Österreichische Projekte und internationale Kontakte sichern größere Attraktivität und sorgen für volle Klassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.