Anfang 2009 will der VKI Sammelklagen organisieren. Bislang haben sich in der Causa 3000 AWD-Kunden gemeldet. Die aus den Beschwerden hochgerechnete Schadenssumme liegt bei 30 Mio. Euro.
Wien (höll). Die Verhandlungen zwischen dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und dem Finanzdienstleister AWD wegen einer Entschädigung für angebliche Beratungsfehler beim Kauf von Immofinanz-Aktien sind geplatzt. „Leider war keine außergerichtliche Einigung möglich. Wir haben daher die ersten Musterklagen eingebracht“, sagte VKI-Rechtsexperte Peter Kolba zur „Presse“.
Anfang 2009 will der VKI Sammelklagen organisieren. Bislang haben sich in der Causa 3000 AWD-Kunden gemeldet. Die aus den Beschwerden hochgerechnete Schadenssumme liegt bei 30 Mio. Euro. Kolba geht jedoch davon aus, dass sich in nächster Zeit noch weitere Geschädigte melden.
In den Beschwerden wird behauptet, dass AWD-Berater seit Ende der 90er-Jahre Immofinanz-Aktien – unter Berufung auf entsprechende Gutachten – als „mündelsicheres Investment“ angepriesen hätten. In manchen Fällen haben Anleger das gesamte Vermögen in Immofinanz- oder ähnliche Immobilienaktien gesteckt.
In den Beratungsgesprächen soll von „Immobilienfonds“ die Rede gewesen sein, um das Wort „Aktie“ zu vermeiden. Auch Äußerungen über „Kapitalgarantien“ sollen gefallen sein. Die Möglichkeit eines Totalverlusts wurde nicht angesprochen, heißt es. Als die Kurse zu sinken begannen, haben die AWD-Berater geraten, die Aktien zu behalten – ja sogar vorgeschlagen, weitere zu kaufen.
„Die Häufung der Beschwerdefälle weist auf systemische Mängel des AWD hin und lässt sich nicht durch Fehler einzelner Mitarbeiter rechtfertigen“, meint Kolba. Derzeit laufen Gespräche mit Prozessfinanzierern. Damit will der VKI Anlegern, die keine Rechtsschutzversicherung haben, die Möglichkeit geben, gegen Vereinbarung einer Erfolgsquote Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Details dazu sollen im Jänner feststehen.
Der AWD bedauert den Abbruch der Verhandlungen durch den VKI. „Wir haben in den vergangenen Wochen klare Signale gegeben, dass wir zu individuellen Lösungen kommen wollen“, sagte Österreich-Chef Kurt Rauscher. In einigen Fällen sagte der AWD Kulanzzahlungen aufgrund von sozialen Härtefällen zu, gleichzeitig soll es aber auch Beispiele gegeben haben, wo sich kein Fehlverhalten durch die Berater feststellen ließ. „Im Interesse der Kunden bieten wir daher allen an, die sich bisher an den VKI gewandt haben, ihre Unterlagen an den AWD zur eingehenden Prüfung zu schicken“, so Rauscher.
Einer der größten Zivilprozesse seit 1945
Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer unterstützt das Vorgehen gegen den Finanzdienstleister ausdrücklich: „Ich appelliere an den AWD, die Signale zu erkennen und über die Weihnachtsfeiertage doch noch ein tragfähiges Vergleichsangebot für alle Geschädigten zu machen. Tut er das nicht, dann kann es zu einem der größten Zivilprozesse der Zweiten Republik kommen.“
Auf einen Blick
■Die Auseinandersetzung zwischen dem AWD und dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) eskaliert. Gespräche über eine außergerichtliche Einigung wegen angeblicher Falschberatung beim Kauf von Immofinanz-Aktien sind gescheitert. Der VKI organisiert nun Sammelklagen für Anleger, die sich geschädigt fühlen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2008)