Theater der Jugend: „Bin ich vertauscht, bin ich noch ich?“

Thomas Birkmeir
Thomas Birkmeir(c) APA (SCHLAGER Roland)
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Hausherr Thomas Birkmeir legt im Theater im Zentrum eine flotte „Komödie der Irrungen“ hin.

Zwei Zwillingsbrüderpaare als Herren und Knechte, die sich nach vielen Wirren finden, Frauen, die schmachten oder schmollen, auf jeden Fall aber eine gute Figur machen wollen, ein bisschen Halbwelt – das sind die Rollen in William Shakespeares Verwechslungskomödie „Comedy of Errors“, die allgemein als ein wenig seicht, als Jugendsünde gilt. Zu unrecht wahrscheinlich. Das Stück (frei nach den 200 v. Chr. uraufgeführten „Menaechmi“ des Römers Plautus erfunden) kann, wenn es flott und direkt gespielt wird, zum Vergnügen werden, es ist eine ideale Übung für Dramaturgen.

Bei der knapp zweistündigen Inszenierung von Hausherr Thomas Birkmeir in der Liliengasse gelingt viel. Seine Dramenfassung, die den elisabethanischen Text mutig aktualisiert und sogar eine (doch etwas zu flache) Räuberpistole im russischen Mafia-Milieu einführt, hat auch treffende sprachphilosophische Gags. Die Verwechselbarkeit von Ich und Du wird variiert, bis Darsteller und Publikum der Schwindel erfasst, bis sich alles dreht wie das einfache Rund auf der Bühne mit zwei beweglichen Wänden aus Glas, die Blicke auf ein antikes Panorama freigeben oder mit spiegelnder Täuschung verhüllen. Tür auf, Tür zu, rein und raus, immer wieder auf und nieder, fertig ist der Pallawatsch. Nach der Premiere am Dienstag wurde verdientermaßen enthusiastisch geklatscht.

Präzise Doppelrollen

Die beiden Hauptdarsteller in jeweils einer Doppelrolle spielen präzis in den Pointen und differenziert in der Zeichnung der Charaktere. Hier entwickeln sich zwei echte Theaterhoffnungen. Stefano Bernardin wirkt als Antipholus aus Ephesos wie ein grantiger Macho, als dessen Bruder, der mit zwei Koffern und einem Diener aus Syrakus angereist ist, wie ein entgeisterter Liebender. Sebastian Wendelin als sein Begleiter Dromio bringt am meisten Spannung ins Stück, er gibt den doppelten Dummkopf in schönen Varianten, die vor allem in den Begegnungen mit Köchin Aishe (Bettina Schwarz) in den Bauernschwank kippen.

Geradlinig wirkt auch die Komik von Nina C. Gabriel als mit russischem Akzent radebrechender Hehlerin, von Andreas Kammerzelt als dumpfem Bodyguard und Michael Schusser als tuntigem Angelo. Mehr Raffinesse entwickeln dagegen Friederike Ziegler und Heidelinde Pfaffenbichler als Schwesternpaar – auch die erst so dominante Ehefrau Adriana, die ihren Mann manipulieren will, hat in der Krise Schwächen, die romantische Luciana wiederum hegt ebenfalls Kontrollfantasien, wenn es um den richtigen Mann geht und die Teilnahme am richtigen Leben. Wer denn möchte auch „nur eine Träne im Ozean“ sein? In dieser locker-leichten Komödie können sich alle Beteiligten freispielen.

Theater im Zentrum

„Komödie der Irrungen“ nach William Shakespeare, in einer Fassung von Regisseur Thomas Birkmeir. Bühne: Andreas Lungenschmid, Kostüme: Irmgard Kersting, Licht: Lukas Kaltenbäck.

Termine: 19.30 Uhr, täglich außer Sonntag bis 26.März2009; Wien 1, Liliengasse 3. Ab 13 Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2009)

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