"McFit": Waschbrettbauch zum Spottpreis

Waschbrettbauch
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Bei "McFit" ist kein Platz für Wellness und Co. Mit seinem Billigkonzept will der Fitnessgigant Rainer Schaller nun den österreichischen Markt erobern. In Deutschland ist er längst Nummer eins.

Wien. Der silberne Porsche Turbo ist seine jüngste Errungenschaft. Die Farbe aber eine klare Fehlentscheidung. Er fühle sich wie im Auto eines Zahnarztes. Nun überlegt er, seinen Wagen umspritzen zu lassen. Die Farbe der deutschen Bundeswehr gefiele ihm ganz gut. Geld spielt schließlich keine Rolle. Er hat mehr, als er ausgeben kann. Er, das ist Rainer Schaller. Jener Mann, der den deutschen Fitnessmarkt regelrecht aufgewühlt hat und heute mit 700.000 Mitgliedern und 101 Filialen die größte Fitnesskette des Landes betreibt.

Seinen Erfolg verdankt der 40-Jährige seiner Marke: „McFit“. Mit ihr kommt er nun nach Österreich. In der ersten Hälfte dieses Jahres sollen drei McFit-Studios in Wien die Pforten öffnen, bis Jahresende werden laut Plan drei weitere in den Bundesländern folgen.

Begonnen hat die ungewöhnliche Karriere des Rainer Schaller ziemlich konventionell. Er schließt eine Lehre als Einzelhandelskaufmann ab und heuert bei Edeka an, einer Art „Nah und Frisch“, nur in Deutschland eben. Schon seine Mutter und auch sein Großvater waren im Einzelhandel tätig. Mit Anfang 20 übernimmt der gebürtige Bayer seine erste Edeka-Filiale, später sind es vier. Doch im Gegensatz zum Diskonter Aldi ist man bei Edeka immer ein wenig zu teuer, muss trotzdem das volle Sortiment anbieten. Viel Geld bleibt da nicht übrig. Das Einzige, was bleibt, ist Frustration, „und die war extrem hoch“, sagt Schaller heute.

Erfolgreiche Gehversuche

Die Wende kommt Mitte der 90er-Jahre. Im bayerischen Schlüsselfeld, genauer am Dachboden im Haus seiner Mutter, richtet Schaller ein illegales Fitnessstudio ein. Seine Freunde kommen oft und gerne. Als er sieht, dass seine Idee von „Fitness Pur“ gut ankommt, macht er sie zum Geschäft. Schaller verkauft zwei seiner vier Edeka-Filialen. Mit dem Geld erwirbt er 1997 eine Halle in Würzburg, baut sie in Eigenregie zum Fitnesscenter aus. Das Geschäft läuft gut, mit der Zeit kommen weitere Standorte hinzu.

Das Konzept ist einfach: 16,90 Euro Monatsbeitrag, keine Sauna, keine Aerobic-Kurse. Den Trainingsplan erstellt ein Softwareprogramm, Duschen kostet 50 Cent für fünf Minuten. Die Filialen sind rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres geöffnet und das ausnahmslos. Das Zielpublikum sind Menschen im Alter von 15 bis 35, der Anteil der männlichen Kundschaft liegt bei rund 60 Prozent. Schaller, der in den ersten drei Jahren zweimal vor der Pleite stand, arbeitet im Niedrigpreissegment. „Wir verlangen das, was der Markt auszugeben bereit ist.“

Während andere Betreiber lange auf Wellness setzten, „wusste ich, dass das nicht der richtige Weg war“, sagt der McFit-Gründer. Beobachter geben ihm recht. „Der Discountbereich hat sich in den vergangenen fünf Jahren etabliert und ein neues Marktsegment geschaffen“, erklärt Niels Gronau von Deloitte Deutschland. „Dieses Segment ist nicht mehr aus dem Markt wegzudenken.“

In Summe gehen sechs von hundert Deutschen in ein Fitnessstudio. Ein Fünftel davon trainiert im Niedrigpreissegment (bis 30 Euro Monatsbeitrag). Dieser Markt werde weiter wachsen, meint Gronau. Entscheidend für McFit sei gewesen, die Marke landesweit zu etablieren, während sich die Konkurrenz auf regionale Märkte konzentrierte.

Ein Gespür für Werbung

Ein weiterer Grund, warum es Schaller klammheimlich nach oben geschafft hat, war wohl, dass McFit lange keine Unternehmenszahlen veröffentlichte. „Ich bin einfach auf eine Marktlücke gestoßen und wollte den Mitbewerb nicht wecken.“ 2007 machte McFit 100 Millionen Euro Umsatz, im Vorjahr waren es 125 Millionen Euro. Wie hoch der Gewinn ist, sagt Schaller nicht. Schaller hat aber auch ein gutes Gespür für Werbung. 2006 hatte der Wahlberliner drei Millionen Euro zur freien Verfügung. Er wollte eine landesweite Kampagne lancieren. Richtig bekannt werden lautete das Ziel. Den Agenturen aber waren drei Millionen Euro zu wenig. Eines Sonntagnachmittags kam dann die zündende Idee, nicht Schaller, seine Freundin hatte sie. „Rainer, warum rettest du nicht einfach die Loveparade?“ Jene Loveparade, die längst zu Berlin gehörte wie der Life Ball zu Wien. Und jene Loveparade, die mangels Sponsorengeldern nicht mehr stattfinden konnte. Prompt investiert Mister McFit zwei Millionen Euro in die Wiederauferstehung dieser Berliner Institution. Und mit einem Schlag bekommt Schaller genau das, was er will: Über Nacht avanciert er zur landesweiten Berühmtheit, wird als Retter der Loveparade bejubelt. Im Jänner des Vorjahres holt Schaller die Boxchampions Wladimir und Vitali Klitschko als Werbetestimonials für seine Kette an Bord. Allein vergangenes Jahr hat der Fitnessmacher rund zehn Millionen Euro für Werbung ausgegeben. „Werbung ist wichtig“, erklärt Schaller. Man brauche sich nur Red Bull anzusehen. Auch die machen Werbung, obwohl sie keine Reklame nötig hätten. Und das ist gut so, findet Schaller, „man muss immer einen Schritt voraus sein“.

Ziel: Nummer eins in Europa

In Österreich will Schaller Geld verdienen. Dass sein Konzept auch hierzulande funktionieren wird, davon ist er überzeugt. Der Markt sei dem deutschen sehr ähnlich. Das bestätigt auch der Deloitte-Sportmarktexperte.

Der heimische Mitbewerb will im neuen Eindringling jedenfalls keine Gefahr sehen. „Wir agieren in einem ganz anderen Segment“, heißt es dazu von Premium-Anbieter Holmes Place. Auch Low-Budget-Anbieter FitInn, bei dem Trainieren 19,90 Euro monatlich kostet, hat keine Angst vor McFit. „Für andere Discounter ist noch Platz“, meint Geschäftsführer Wolfgang Sadlo.

Schaller hat viel erreicht, aber noch Träume. Mehrere sogar. Die europäische Marktführerschaft zum Beispiel. Oder ein eigenes Fitnessstudio in den USA – mit Arnold Schwarzenegger als erstem Kunden. Seine Liebe zur Geschwindigkeit konnte Schaller indes längst realisieren. Zuletzt mit dem Porsche Turbo.

Auf einen Blick

Rainer Schaller (40) ist gelernter Einzelhandelskaufmann. 1997 eröffnete er sein erstes Fitnessstudio. McFit ist mit 101 Filialen heute die größte Fitnesskette Deutschlands. 2009 plant er sechs Studios in Österreich. [McFit]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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