Genmais-Anbau in Österreich wurde vorläufig abgewendet

(c) AP (Sven Kästner)
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Das Verbot von gentechnisch verändertem Mais auf Österreichs Feldern darf bleiben. Doch die EU-Kommission will weiter dagegen kämpfen. Denn der Druck der Welthandels-Organisation wächst.

BRÜSSEL. Ein Mal ist es noch gut gegangen: Mit mehr als 80 Prozent aller 345 Stimmen hat der EU-Umweltministerrat gestern, Montag, das Verbot von Genmais auf Österreichs Feldern gestützt. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, das Anbauverbot der gentechnisch veränderten Sorten MON810 und T25 demnächst aufzuheben. Auch Ungarn war beim Genmais der Sorte MON810 betroffen. Doch die EU-Partner waren mehrheitlich auf Seiten der beiden Länder. „Drei zu null für Österreich-Ungarn“, scherzten österreichische Vertreter unter Bezug auf die drei Entscheidungen über zwei Sorten.

Bei MON810 des US-Produzenten Monsanto hatte Österreich am Ende nur noch Estland, Finnland, Großbritannien, die Niederlande und Schweden gegen sich. Bei T25 des deutschen Herstellers Bayer waren es nur Estland, Finnland, Großbritannien und die Niederlande, die sich gegen Österreich stellten. Alle anderen wollten es dem Land selbst überlassen, ob es seine Schutzklausel beibehält. Davor hatte es lange nach einer klaren Niederlage Österreichs ausgesehen. Doch vor allem das mächtige Deutschland schwenkte noch auf die Linie der Österreicher ein. In Berlin werden immer mehr Bedenken laut, ob MON810 nicht doch eine Gefahr für den Boden, für Pflanzen und Tiere darstellt.

„Sie sehen heute einen überglücklichen Umweltminister“, sagte ÖVP-Minister Nikolaus Berlakovich am Montag in Brüssel. In einem „Herzschlagfinale“ habe man doch noch genügend Verbündete gefunden. „Österreich hat sich voll durchgesetzt“, so Berlakovich. Auch SPÖ-Kanzler Werner Faymann nimmt für sich in Anspruch, bei den EU-Partnern für Unterstützung gesorgt zu haben.

Deutschland hat seine Zustimmung offenbar auch damit begründet, es wolle Österreich im Kampf gegen die hohe EU-Skepsis im Land helfen. Und diese wäre durch einen Fall des Anbauverbots voraussichtlich noch gestiegen – die Rechtspopulisten hätten Aufwind bekommen, hieß es in Brüssel hinter vorgehaltener Hand.

Das Verbot für Genmais auf Österreichs Feldern fällt vorerst also nicht. Auch Ungarn kann vorläufig bei seinem Anbauverbot für MON810 bleiben. Die Freude in den beiden Ländern könnte aber von kurzer Dauer sein: Die EU-Kommission hat bereits angedeutet, sie werde weiterhin darauf drängen, dass die Verbote bald fallen. Außerdem könnte sie dem EU-Rat der Länder schon im Juni Vorschläge für die Zulassung zweier weiterer Genmais-Sorten, Bt-11 und 1507, für den Anbau unterbreiten, sagen Insider. Für Berlakovich ist das unverständlich: Die Behörde solle nicht wiederholt Vorschläge in diese Richtung machen, sondern anerkennen, dass die derzeit 27 EU-Staaten selbst über den Anbau entscheiden wollen.

Zuletzt war die Kommission mit ihrer Anbau-Initiative im November 2006 an einer qualifizierten Mehrheit des Rates gescheitert. Beim Import von Genmais-Sorten und der Verarbeitung von Genmais zu Lebens- und Futtermitteln musste Österreich aber 2007 nachgeben: Das Land ist somit längst nicht mehr gentechnikfrei.

Kommt Anbau mittelfristig?

Mittelfristig steht die EU-Kommission unter Druck, auch den Anbau von MON810, T25 und weiteren Sorten in allen EU-Ländern durchzusetzen. Denn das verlangt die Welthandelsorganisation (WTO). Diese will den freien Handel – auch von gentechnisch veränderten Produkten – sichern. „Der EU-Umweltministerrat kann nicht verlängerter Arm einer US-Mais-Saatgutfirma sein“, sagte dazu Berlakovich. Und Diplomaten weisen darauf hin, dass die WTO zwar den freien Handel, nicht aber den Anbau erzwingen könne. WTO-Länder haben als Strafe jedenfalls bereits mit hohen Importzöllen, zum Beispiel auf österreichischen Wein, gedroht.

AUF EINEN BLICK

Österreich ist längst keine gentechnikfreie Zone mehr. Schon 2007 musste das Land der EU-Kommission bereits in zwei Punkten nachgeben: Seither muss es die Einfuhr von Genmais sowie seine Verarbeitung zu Lebens- und Futtermitteln zulassen.
Am Montag sicherte Österreich im EU-Rat das Anbauverbot ab. Kommission und WTO dürften aber weiter dagegen kämpfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2009)

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