Urteil nimmt Populisten Wind aus den Segeln

Die EuGH-Entscheidung war in der verzerrten Debatte längst überfällig.

Der Fall von Frau D. und ihrem Sohn Florian erhitzte EU-weit monatelang die Gemüter jener Politiker, die die Verbreitung populistischer Halbwahrheiten als wichtigste Aufgabe ihres Berufsstands betrachten: Eine Rumänin lebt mit ihrem Kind in Deutschland und beantragt Sozialhilfe, gleichzeitig hat sie nie gearbeitet und auch nichts gelernt. Von „Sozialtourismus“ ist seither die Rede; einige wenige Beispiele wurden zum Beleg eines scheinbar krankhaften Systems. Gestern zog der EuGH einen längst fälligen Schlussstrich: Frau D. hat keinen Anspruch auf Hartz IV, urteilten die Richter – und statuierten damit ein Exempel für ähnliche Fälle in anderen Mitgliedstaaten.

Es war in juristischer und politischer Hinsicht eine wichtige Entscheidung. Zum einen hat der Fall nichts mit der EU-weit geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit zu tun, die zu Recht eines der Grundprinzipien der Union ist – und wirft ein schlechtes Licht auf alle, die sich diese zunutze machen.

Außerdem nimmt das Urteil allen Populisten den Wind aus den Segeln, die ihr Land vor Bürgern aus dem EU-Ausland abzuschotten trachten. Nun haben sie es schwarz auf weiß: Arbeitslose EU-Ausländer können ein Sozialsystem nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts (aus-)nutzen. So mancher Politiker hätte sich wohl zur Sicherung der eigenen, verqueren Argumentation ein anderes Urteil erhofft.

anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2014)

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