ÖBB: Eine Montagslok mit 99,6 Prozent Wertverlust

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Subtext. Die ÖBB kauften Triebwagen um fast vier Millionen Euro pro Stück. Die Anschaffung kam die Bahn teuer.

Man kennt das: da kauft man sich ein neues Auto, fährt vom Händler nach Hause – und schon hat es 20 Prozent seines Werts verloren. Wer sein Auto hegt und pflegt, kann den Wertverlust über die Jahre mindern. Ein 15 Jahre alter VW Passat wird beispielsweise aktuell auf willhaben.at um 2000 bis 4500 Euro angeboten. Grob gerechnet etwa zehn Prozent vom einstigen Neupreis. Tut weh, ist aber immerhin keine ÖBB-Lok: Die verliert im gleichen Zeitraum nämlich 99,6 Prozent ihres Werts. Das tut freilich niemandem wirklich weh, weil es (indirekt) ja der Steuerzahler brennt.

Zum Glück gibt es den Rechnungshof, der die Ausgaben des Bundes auf Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit überprüft und immerhin einen kritischen Bericht veröffentlicht. Die Bundesbahnen beachteten bei der Anschaffung von 18 Triebfahrzeugen der Baureihe 1014 kein einziges dieser Kriterien: 1993/1994 kaufte die ÖBB-Produktion GmbH die Lokomotiven um knapp vier Millionen Euro pro Stück, 15 Jahre später (2008 bis 2010) wertete sie die Triebfahrzeuge auf einen Schrottwert von 15.000 Euro pro Stück ab.

Begonnen haben die Probleme bereits bei der Anschaffung: Autokäufer wissen, dass man ordentliche Prozente erhält, wenn man sich für ein Auslaufmodell interessiert. Die ÖBB aber zahlten dafür sogar noch extra. Als die 18 Loks der Reihe 1014 zwischen 1993 und 1994 gekauft wurden, gab es bereits das neue Modell 1116. Das war sogar um 1,3 Millionen Euro billiger, obwohl es auf besserer Technik beruhte und mehr Leistung erbrachte. Egal: gekauft wurden von Elin und SGP (mittlerweile Siemens) 18 Stück der alten Reihe um fast 72 Millionen Euro – 23 Mio. Euro mehr, als man für 18 Stück der neueren Serie 1116 bezahlt hätte, wie der RH kritisch anmerkt.

Angeschafft und entwickelt wurden die Loks übrigens eigens für den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Ungarn und Österreich im Rahmen der Weltausstellung Expo 1995. Die Expo wurde nach einer Volksbefragung in Wien im Mai 1991 zwar abgesagt, trotzdem hielten die ÖBB an der Beschaffung fest.

Geplant war, die Lokomotiven 30 Jahre lang zu betreiben. Allerdings waren das offenbar alles Montagsloks: die 17 Loks, eine brannte im Jahr 2001 völlig aus, hatten permanent Mängel. Die Prüfer des Rechnungshofs formulierten das in einem jetzt vorgelegten Endbericht so: „Die Lokreihe 1014 wies eine doppelt so hohe Häufigkeit bei der Bedarfsausbesserungen auf“ (wie Loks der Reihe 1016/1116, Anm.).

Das stellte auch die ÖBB-Produktion GmbH fest und ließ daher ab 2006 – zwölf Jahre nach der Anschaffung – keine Reparaturen mehr durchführen. Die Loks fielen nach und nach aus, mit dem Fahrplanwechsel 2009/2010 verzichteten die ÖBB überhaupt auf den Einsatz der Triebfahrzeuge. Trotzdem entstanden noch Kosten, laut Rechnungshof fiel in den Jahren 2005 bis 2013 „ein Aufwand von 33,3 Millionen Euro (inklusive Absetzung für Abnutzung) für die Lokreihe 1014 an.“

Also ging man ab 2010 daran, die verbliebenen Loks zu verkaufen. Allerdings war der Verkaufsprozess „nicht strukturiert und unsystematisch“, wie der RH feststellte. Die Folge: „Die Versuche, die Triebfahrzeuge zu verkaufen, waren bis zur Zeit der Gebarungsüberprüfung (bis Februar 2014, Anm.) erfolglos.“

Vielleicht finden sich ja noch ein paar Eisenbahnfans, die Interesse an günstigen Loks haben.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

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