Mit der TV-Serie „Silicon Valley“ startet heuer bereits die zweite Serie über den Technikboom der vergangenen Jahrzehnte. Komik schöpft sie vor allem aus ihren exzentrischen Figuren.
Es ist der Traum jedes Programmierers, Entwicklers und Technikers, sie zu finden, die Gold- oder besser Platinader in dem Berg der programmierbaren Möglichkeiten: Eine App zu entwickeln, einen Algorithmus oder eine Software, die einen reich macht. Richard (Thomas Middleditch), die Hauptfigur der HBO-Comedy-Serie „Silicon Valley“, stößt quasi im Vorbeigehen auf diese Ader. Er hat eine App für Musiker programmiert, die Plagiate verhindern soll. Eine noble Idee, aber kaum ein Verkaufsschlager, schon gar nicht mit dem ungelenken Namen „Pied Piper“. Hätte Richard dafür nicht eine Software erfunden, die tatsächlich revolutionär ist: Mit ihr lassen sich große Datenmengen verkleinern, ohne dass sie an Qualität zu verlieren. Bald wird Richard vor die Wahl gestellt: Verkauft er seine Software für zehn Millionen Dollar? Oder nimmt er ein Gegenangebot an: „Nur“ 100.000 Dollar für eine zehnprozentige Beteiligung. Damit bliebe ihm die Kontrolle über seine Schöpfung. Richard entscheidet sich für den risikoreicheren, aber verheißungsvolleren Weg, denn der schmale, schüchterne Programmierer glaubt: „Wir sind die Wikinger des 21. Jahrhunderts!“
Geschichten über den Computerboom
Mit „Silicon Valley“ startete heuer bereits die zweite Serie über den Technikboom vergangener Jahrzehnte. Im Sommer führte „Halt & Catch Fire“ in die Frühzeit der PC-Verbreitung. Das in den frühen 1980ern angesiedelte „Period Drama“ (eine in der Vergangenheit spielende Serie) wurde von der Kritik gelobt, der Zuspruch der Zuseher blieb unter den Erwartungen. Produktionssender AMC bestellte trotzdem eine zweite Staffel. Gut so, denn nach Anfangsschwierigkeiten beeindruckt die zehnteilige erste Staffel, insbesondere mit der innovativen Figur der Programmiererin Cameron (Mackenzie Davis).
Beide Serien stehen vor der gleichen Herausforderung: Wie visualisiert man die Geburt einer Idee? Wie stellt man technologische Entwicklungen dar, ohne sich in Fachtermini zu verlieren und die Darsteller bloß vor Bildschirme zu setzen? Die Sitcom „The Big Bang Theory“ wurde zum Welterfolg, indem sie vier Physiker von unterschiedlicher Exzentrizität aufeinanderprallen lässt, sich auf Protagonisten und Gruppendynamik konzentriert. Ähnlich verfährt „Silicon Valley“. „Beavis & Butt-Head“-Erfinder Mike Judge, selbst einst in der titelgebenden Technikmetropole tätig, überspitzt Klischees, vor allem in den Nebenfiguren. Internet-Milliardär Peter Gregory (Christopher Evan Welch) führt einen Kreuzzug gegen Colleges, die er für einen „grausamen Scherz auf Kosten der Armen und der Mittelklasse“ hält. Konkurrent Gavin Belson (Matt Ross) gibt Weisheiten nahe am Nonsens von sich: „Es braucht eine Veränderung, um sich zu verändern.“ Seine Firma ist mehr Sekte als Unternehmen, ein Seitenhieb auf Google. Entdeckung der Pilotfolge ist der verklemmte Jared (Zach Woods), der sich den Besuch der Toilette stundenlang verkneift, weil er sich diese nur mit Erlaubnis zu benutzen traut.
Auch den ersten acht Folgen von „Silicon Valley“ folgt eine zweite Staffel. HBO braucht neben Dauerläufer „Game of Thrones“ einen Hit, denn die (Online-)Konkurrenz läuft dem Sender langsam den Rang ab. Die innovativsten Formate stammen längst nicht mehr nur von der „Mutter der Qualitätsserien“. Mit „Silicon Valley“ liegt zumindest der Schauplatz im Herzen des Fortschritts.
Auf Sky: immer mittwochs um 21 Uhr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2014)