Das G20-Treffen stand im Schatten der Ukraine-Krise. Russlands Präsident drohte kaum verklausuliert mit einem (noch stärkeren) Eingreifen. Die Regierung in Kiew setzt derweil alle Zahlungen an den Osten aus.
Das Treffen stand schon vorab atmosphärisch unter keinem guten Stern: Er werde sich – in Bezug auf die Lage in der Ukraine – Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, beim G20-Gipfel „vorknöpfen“, hatte der Gastgeber des Events, Australiens konservativer Premier, Tony Abbott, bereits vor einem Monat mit Entschlossenheit verkündet. Russlands Präsident, Wladimir Putin, hat auf seine Weise reagiert und diese Woche gleich vier Kriegsschiffe, offiziell zu seinem Schutz, vor die Küste Australiens entsandt.
In dieser Tonart ging es auch während des Gipfels weiter: Bereits zum Auftakt am Freitagabend sagte US-Präsident Barack Obama, die Aggression Russlands gegen die Ukraine sei eine Bedrohung für die ganze Welt. Deutschlands Kanzlerin, Angela Merkel, wiederum nannte die Situation in der Ostukraine „inakzeptabel“ und wollte dem russischen Präsidenten bei einem Treffen Samstagabend ins Gewissen reden. Große Hoffnungen mache sie sich nicht, es gehe nur darum, sich noch einmal einen Einblick zu verschaffen, wie Putin die Lage sehe, wurde sie von deutschen Medien zitiert.
Russlands Präsident will sich aber nicht zu lang in die Karten schauen lassen. Nach der heftigen Kritik an ihm und der russischen Politik in der Ukraine ließ er am Samstag mitteilten, dass er nächsten Tages noch vor dem Ende früher als geplant abreisen und eine weitere Gipfelsitzung spritzen wolle.
Ein wenig Einblick gab Putin allerdings schon vor dem Gespräch mit Merkel: Russland werde „nicht zulassen“, dass die Regierung der Ukraine in dem von Separatisten kontrollierten Osten des Landes alle politischen Gegner und Widersacher vernichte. Die Beteuerung eines Putin-Beraters in Brisbane, Russland habe mit der neuerlichen Eskalation der Lage im Osten der Ukraine nichts zu tun, kann im Licht von Putins kaum verklausulierter Drohung mehr als diplomatische Fingerübung interpretiert werden. In den vergangenen Tagen hatte die Nato Russland wiederholt einen Bruch der Waffenruhe vorgeworfen. Russische Panzer und Artillerie hätten die Grenze zur Ukraine überquert. Die OSZE sprach etwas vorsichtiger von Militärkonvois ohne Kennzeichen – ein bereits von der Halbinsel Krim aus dem Frühjahr bekanntes Phänomen.
Kein Geld mehr aus Kiew. Der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, hat derweil per Dekret sämtliche staatlichen Leistungen für die von den Rebellen kontrollierten Gebiete ausgesetzt. Dies beziehe sich auch auf Schulen, Krankenhäuser und Notfalldienste, hieß es aus Kiew. Die Kämpfe hatten sich in den vergangenen Wochen wieder deutlich verschärft, von einer Waffenruhe, die eigentlich im September geschlossen worden war, ist nichts mehr zu bemerken.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2014)