Nico Rosberg: "Ich glaube fest an diesen Titel"

Nico Rosberg möchte es seinem Vater Keke gleichtun und sich 32 Jahre nach ihm zum Weltmeister krönen. Rosberg geht als Außenseiter, aber optimistisch in das Rennen.

Abu Dhabi. Nach 18 Rennen als Vorspiel muss ein Duell in der Dämmerung den Titel-Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg entscheiden. Auf dem Yas Marina Circuit von Abu Dhabi will der deutsche Mercedes-Fahrer am Sonntag (14 Uhr, live in ORFeins, RTL, Sky) seinen britischen Teamrivalen auf den letzten Kilometern dieser Formel-1-Saison doch noch abfangen und sich zum ersten Mal zum Weltmeister krönen. „Es ist erst vorbei, wenn die Zielflagge fällt“, sagte Rosberg vor dem Wüstenkrimi, der noch im Hellen beginnt und erst in der Dunkelheit endet. Doch der 29-Jährige benötigt Schützenhilfe, um als dritter Deutscher nach Michael Schumacher und Sebastian Vettel Champion zu werden.

Bei 17 Punkten Rückstand auf Hamilton würde Rosberg auch sein sechster Saisonsieg und die doppelte Punktzahl im Finale nicht genügen, wenn sein Stallkollege Zweiter wird. Ans Verlieren aber will der in Monaco lebende Wiesbadener nicht denken, von Nervenflattern nichts wissen. „Ich gehe ohne Angst in dieses Rennen. Ich glaube fest daran, dass ich den Titel gewinnen kann“, beteuerte Rosberg, dessen finnischer Vater Keke vor 32 Jahren im Williams die WM-Krone holte.

Zuversicht kann Rosberg junior aus seinem blitzsauberen Rennen in Brasilien ziehen, als er Hamilton endlich wieder bezwang und dieser sich sogar einen groben Fahrfehler leistete. Ein erneuter Patzer könnte den WM-Spitzenreiter doch noch um den zweiten Titel bringen, dem er seit seinem Triumph von 2008 mit McLaren nachjagt. „Ehrlich gesagt fühlt es sich für mich so an, als ob ich erneut um meine erste Weltmeisterschaft kämpfen würde“, sagte Hamilton und fügte hinzu: „Ich habe noch denselben Hunger, denselben Siegeswillen und habe in dieser Saison von Anfang an alles gegeben.“

Mit 10:5-Saisonsiegen liegt Hamilton im internen Vergleich klar vorn. Aber Rosbergs Konstanz und Beharrlichkeit sowie sein bemerkenswerter Umgang mit einer Schwächephase im September und Oktober hielten die Titel-Hoffnung bis zum Schlussakt am Leben. „Als Team dürfen wir uns glücklich schätzen, eine so begabte Fahrerpaarung zu haben“, befand Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Einen seiner Piloten wird er am Sonntag feiern dürfen, den anderen trösten müssen. „Mir sind beide gleich wichtig“, sagte Wolff diplomatisch.

Defekt „wäre ein Alptraum“

Für das Team wird das Finale zum Drahtseilakt. Peinlich genau werden alle Beteiligten darauf achten, dass keine Seite der Garage sich benachteiligt fühlen kann. Beide Autos, alle wichtigen Teile sollten gleich mehrfach gründlich überprüft werden, verfügte Team-Aufseher Niki Lauda. Eine WM-Entscheidung durch einen Technik-Defekt „wäre ein Alptraum“, gestand Wolff. Das Titelrennen solle auf der Strecke entschieden werden – und das ohne Zuhilfenahme der umstrittenen doppelten Punkte. 305,355 Kilometer haben Hamilton und Rosberg noch zu absolvieren. „Beide verdienen den Titel“, urteilte Vierfach-Champion Vettel via „Sport Bild plus“. Der Deutsche hat den WM-Pokal schon zurückgeschickt. In seinem letzten Rennen für Red Bull droht dem künftigen Ferrari-Piloten wieder eine Nebenrolle, wenn sein Nachfolger ermittelt wird.

Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone indes hat sich klarer positioniert. „Die meisten kennen Nico nicht. Deshalb wäre Lewis für den Sport der bessere Weltmeister“, verfügte der 84-Jährige. Für Rosberg dürfte diese Aussage eher Ansporn als Anweisung sein.

AUF EINEN BLICK

Nico Rosberg kämpft am Sonntag beim letzten Grand Prix des Jahres in Abu Dhabi um seinen ersten WM-Titel. Der Deutsche hat vor dem Showdown 17 Punkte Rückstand auf seinen Teamkollegen Lewis Hamilton. Der Brite peilt seinen zweiten Titel nach 2008 an und konnte heuer bereits zehn Rennen für sich entscheiden.

In Abu Dhabi werden doppelt so viele Punkte vergeben, sprich, der Sieger erhält 50 Zähler. Rosberg muss mindestens Rang fünf einfahren, um doch noch Weltmeister zu werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)

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