„Sie würde entscheiden wie ich“

Doppelporträt. Claudia Link-Krammer und Doris Link sind Zwillingsschwestern. Beide sind Professorinnen an der FH Campus Wien. In einem für Frauen eher untypischen Zweig. Von Michael Köttritsch

Zu den Personen

Streng genommen ist Doris Link die Chefin. Sie ist zwar wie ihre um vier Minuten jüngere Zwillingsschwester Claudia Link-Krammer Studiengangsleiterin an der FH Campus Wien, aber eben auch Leiterin des Departements Bauen und Gestalten. Doch Hierarchie spielt in einer Expertenorganisation wie einer Fachhochschule ohnehin nur eine untergeordnete Rolle.

„Ich könnte mir“, sagt Claudia Link-Krammer, Leiterin des Studiengangs Bauingenieurwesen-Baumanagement, „keine bessere Chefin wünschen.“ Die ähnliche Denkweise zeichne sie aus, ihr Verhältnis sei „schwesterlich“. Das mache es auch einfacher, sich gegenseitig zu vertreten, weil „sie genauso entscheiden würde wie ich“. Das sagen beide übereinander.

Wenig überraschend setzen die beiden 44-jährigen Wienerinnen auch in Sachen Führung deckungsgleiche Schwerpunkte: die Stärken der Mitarbeiter stärken. Eigenverantwortung, Eigenständigkeit und Eigeninitiative ebenso zu fordern wie auch zuzulassen. „In diesem kreativen Umfeld von Forschung, Entwicklung und Lehre“, sagt Doris Link, „braucht man initiative Kollegen, die etwas anpacken, umsetzen und realisieren.“ Das bedeutet, dass sich die Führungskräfte mitunter sehr zurücknehmen müssen. „Ja, einen anderen Führungsstil würden umgekehrt die Ressourcen auch gar nicht zulassen“, sagt Link. Den Mitarbeitern ständig über die Schulter zu schauen oder sie ständig zu kontrollieren wäre unmöglich.

Doris Link, die auch Geschäftsführerin eines Bau-Consulting-Unternehmens und Aufsichtsrätin in einer Asfinag-Tochter ist, sagt, sie habe in ihrer Strabag-Zeit viel von Hans-Peter Haselsteiner gelernt, was ihr heute in der Führung wichtig sei: Klarheit, Entscheidungsfreude, rasche Entscheidungsfindung und strategisches Vorausdenken.

Freiräume schaffen und bewirtschaften
Diese Wertschätzung und diese Freiräume, die den Mitarbeitern eingeräumt werden, würden dazu führen, dass sich die Leute wohlfühlen, sagt Claudia Link-Krammer. „Es ist ein gutes Klima, professionell eben.“ Wer nicht ins Team passe, halte sich nicht. „Von solchen Personen haben wir uns dann auch immer getrennt.“

Der Führungsstil an der FH unterscheide sich ganz klar von jenem in der Baubranche. Beide haben ihn in unterschiedlichen Positionen in der Praxis erlebt: als hierarchischer, mit ganz strikten Strukturen nach dem Prinzip „Ober sticht Unter“. Das sei gelernt, es brauchte es aber nicht in diesem Ausmaß, sind die beiden überzeugt. Kreativität werde auch von Führungskräften auf dem Bau verlangt, aber eben nicht in dem Ausmaß wie an der FH, wo es darum gehe, neue Studiengänge, neue Forschungsvorhaben, neue Projekte zu entwickeln. Und nicht nur darum, Aufträge kreativ abzuarbeiten.

Frauen sind in der Baubranche aber noch immer etwas exotisch. In anderen Ländern, besonders in Frankreich, erzählen die beiden, werden Frauen gezielt in die Unternehmen hineingeholt und auch in Verhandlungen mitgenommen. Weil das Klima anders sei, selbst wenn nur eine Dame dabei ist. An der FH Campus Wien sind 25 Prozent der Studierenden in ihrem Bereich weiblich. Nur langsam ändere sich das Bild. Man muss Mut zusprechen, sagt Claudia Link-Krammer. „Frauen, die sich für ein technisches Studium entscheiden, sind sehr konsequent und haben eine hohe Erfolgsquote.“ Auch weil für eine Frau die Hürde, sich für ein technisches Studium zu entscheiden, noch immer höher sei. Da steckt auch viel persönliche Erfahrung drin: Mit großem Respekt haben die beiden die erste Mathematik-Übung an der TU Wien besucht. Letztlich waren sie die Schnellsten des 1988er-Jahrgangs. Richtig, die beiden haben nicht nur das Gymnasium gemeinsam besucht, sondern auch gemeinsam studiert und eine Mediatorenausbildung gemacht.

Gleiche Interessen – nicht nur im Job
Bei so vielen Gemeinsamkeiten tun sich die beiden tatsächlich schwer, Unterschiedlichkeiten festzustellen. Beide sind höchst sportlich, lieben die Bewegung in der Natur, beide haben eine Mentaltrainer-Ausbildung oder schließen sie gerade ab, beide sind Mediatorinnen, beide sind ehrenamtlich karitativ sehr engagiert, beide kaufen manchmal das gleiche Gewand, ohne davon zu wissen, beide machen auch gern miteinander und mit ihren Familien Urlaub. Beide sagen, Familie kostet manchmal, gibt aber in Summe sehr viel Energie. Ja, und einen kleinen Unterschied gibt es doch: Doris Link hat ein Kind, Claudia Link-Krammer zwei Kinder.

Die Zwillingsschwestern Doris Link und ClaudiaLink-Krammer (44) studierten nicht nur gemein- sam Bauingenieurwesen an der TU Wien und arbei- teten später in denselben (Bau-)Unternehmen. Beide sind heute Professorinnen an der FH Campus Wien. Claudia Link-Krammer als Studiengangsleiterin, die um vier Minuten ältere Doris Link als Departments- und Studiengangsleiterin. Sie ist außerdem Gesellschafterin bei ECC Bauprozessmanagement und Asfinag-BMG-Aufsichtsrätin.

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