Westenthaler-Prozess: "Unvorstellbar, dass man für Gesetz bezahlt"

Friedrich Stickler
Friedrich SticklerAPA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Lotterien-Vorstand Stickler sagte zur Zahlung von 300.000 Euro ans BZÖ aus. Die Überweisung soll Casino-Generaldirektor Wallner veranlasst haben.

Im Prozess gegen den ehemaligen BZÖ-Obmann und Ex-Vorstand der Fußball-Bundesliga Peter Westenthaler ist am Donnerstag erneut Friedrich Stickler, Vorstandsdirektor der Österreichischen Lotterien und Ex-Präsident des Österreichischen Fußballbunds (ÖFB), als Zeuge vernommen worden. Es ging um jene 300.000 Euro, die die Lotterien 2006 der BZÖ-eigenen Agentur Orange überwiesen hatten. Die Staatsanwaltschaft sieht darin eine "Schmiergeldzahlung", die Lotterien hätten sich das Wohlwollen des kleineren Regierungspartners BZÖ sichern wollen. Das BZÖ bzw. die Agentur hätten keine adäquate Gegenleistung für das geflossene Geld erbracht. Eine im Auftrag von Westenthalers erstellte Studie zum Thema Online-Glücksspiel und Responsible Gaming sei inhaltlich wertlos gewesen und habe ausschließlich als "Scheinrechnung" gedient, so der Tenor der Anklage.

"Doktor Leo Wallner war der Auslöser dieses Vorgangs", sagte dazu nun Stickler. Dieser - Vorstandsvorsitzender der Lotterien und langjähriger Generaldirektor der Casinos Austria AG - habe ihn, Stickler, 2006 angerufen und wissen lassen, dass die Rechnung über 300.000 Euro bereits "urgiert" werde. Wallner habe ihn ersucht, die Überweisung zu veranlassen. Auf Nachfrage habe ihn Wallner versichert: "Ja, das ist in Ordnung und kann angewiesen werden.“

Laut Rechnung wurden die 300.000 Euro der BZÖ-Agentur für im Zeitraum April bis Juli 2006 erbrachte "Beratungsleistungen" zum Themenbereich Responsible Gaming bezahlt. Die neunseitige Studie, die ein Westenthaler-Mitarbeiter übers Wochenende mittels Internet-Recherchen verfasst hatte, war auf der Rechnung nicht explizit erwähnt. Er habe diese Studie nicht gekannt, betonte Stickler. Er habe auch nichts von externen Beratungsleistungen gewusst, die Agentur Orange sei ihm damals unbekannt gewesen.

Die Staatsanwaltschaft sieht Wallner als unmittelbaren Täter, der die Lotterien um 300.000 Euro geschädigt hat, indem er das Geld auf den Weg zum BZÖ brachte. Er wurde auch angeklagt, ist aufgrund seines angeschlagenen gesundheitlichen Zustands derzeit aber nicht verhandlungsfähig.

"Das hätte das Glücksspiel-Monopol in die Luft gesprengt"

Hintergrund der 300.000-Euro-Zahlung soll laut Anklage der Umstand gewesen sein, dass im Juli 2006 eine Novelle zum Glücksspielgesetz in parlamentarischer Behandlung war, die eine Aufweichung des Glücksspiel-Monopols bedeutet hätte. Wäre das Gesetz geändert worden, wäre eine zusätzliche Konzession für elektronische Lotterien zu haben gewesen. "Das hätte das Glücksspiel-Monopol in Österreich in die Luft gesprengt", betonte Stickler. Auf die Frage, ob dafür grundsätzlich auch Parteispenden infrage gekommen wären, meinte Stickler: "Für mich ist das unvorstellbar, dass man für ein Gesetz etwas bezahlt. Das übersteigt meine Vorstellung."

Als er von der geplanten Novelle Kenntnis erlangte, habe er unverzüglich Westenthaler angerufen und "Peter, was ist da los?" gefragt. Dieser habe ihm, Stickler, "Die Kugel ist aus dem Lauf" beschieden und dass man "da nichts mehr machen" könne. Die Gesetzes-Initiative sei "aus dem BZÖ herausgekommen" und mit der ÖVP als größerem Regierungspartner "abgesprochen" gewesen , so Stickler. Dass die Regierungsvorlage dann doch scheiterte, führte Stickler darauf zurück, dass das Gesetzesvorhaben "an den Abgeordneten vorbei" und "in kleinstem Kreis" vorbereitet worden sei.

Er könne Sticklers Aussagen "zu fast 100 Prozent bestätigen", bemerkte Westenthaler nach dem Zeugenauftritt des Lotterien-Vorstands. Als das Vorhaben, das Glücksspielgesetz zu ändern, publik - wie Westenthaler vermutete über Leo Wallners Sohn, der damals im Umfeld der ÖVP beruflich tätig gewesen sei - und den Lotterien bekannt wurde, sei "die ganze Nacht bei der ÖVP interveniert worden". Daraufhin habe man die Gesetzesinitiative "begraben". Das BZÖ habe damit nichts zu tun gehabt, weshalb eine Zahlung der Lotterien in Form einer "Scheinrechnung" keinen Sinn mache. "Das Motiv in der Anklage hält nicht einmal annähernd", zeigte sich Westenthaler überzeugt.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Grasser als Zeuge: "Wollen Sie meine Zeit weiter verschwenden?"
Politik

Grasser als Zeuge: "Wollen Sie meine Zeit weiter verschwenden?"

Der Ex-Minister sagt im Westenthaler-Prozess, er habe keine Wahrnehmung dazu, dass Geld für die Bundesliga zweckwidrig verwendet wurde.
Westenthaler-Prozess: "Studie war aus Google zusammengeschrieben"
Politik

Westenthaler-Prozess: "Studie war aus Google zusammengeschrieben"

Westenthalers ehemaliger Leibwächter berichtete über das Gutachten, für das die Lotterien 300.000 Euro bezahlten.
Gutachten: BZÖ finanziell am Ende
Politik

Gutachten: BZÖ finanziell am Ende

Die Staatsanwaltschaft im Westenthaler-Prozess fordert die Abschöpfung von 300.000 Euro, die die Lotterien zahlten. Das wäre laut einem Gutachten für die Bundespartei existenzgefährdend.
EUROFIGHTER - U - AUSSCHUSS / LUKASEK
Innenpolitik

Westenthaler-Prozess: Der „Kronzeuge“ aus Abu Dhabi

Kurt Lukasek – er hatte schon im Scheuch-Prozess ausgesagt – wurde via Skype aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Gericht zugeschaltet.
Westenthaler-Prozess: Grasser muss aussagen
Politik

Westenthaler-Prozess: Grasser muss aussagen

Der Ex-Finanzminister ist für 4. Dezember als Zeuge geladen. Das Urteil über Westenthaler soll noch vor Weihnachten fallen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.