Dass Werner Faymann beim Parteitag 2012 nur 83 Prozent der Stimmen bekam, lag auch an der Rede von Andreas Babler. Ob er Faymann heute wählen werde, wisse er nicht. Und er plädiert für eine Ämtertrennung.
Wien. Andreas Babler war einer der 17 Prozent. Jenen 17 Prozent, die beim Parteitag im Jahr 2012 Werner Faymann ihre Stimme bei der Wahl zum Parteichef verweigerten. In einer Rede machte der heutige Bürgermeister von Traiskirchen damals seiner Wut über den Zustand der SPÖ Luft. Über den plötzlichen Schwenk in der Wehrpflichtdebatte, aber auch über fehlende Werte der Partei. Auch deswegen heimste Faymann das historisch schlechte Ergebnis bei der Wahl der SPÖ-Chefs (ohne Gegenkandidaten) ein.
Auch heute, beim Parteitag in Wien, ist sich Babler nicht sicher, ob er Faymann wählen wird. „Das werde ich spontan entscheiden“, sagt er zur „Presse“. „Grundlegend hat sich meine Kritik am Zustand der SPÖ unter Faymann aber nicht geändert.“ Was der Bürgermeister kritisiert, ist nach wie vor die fehlende Glaubwürdigkeit der Partei. „Uns ist das gesellschaftspolitische Gestaltungsprogramm abhandengekommen. Floskeln fallen zwar vor Wahlen und Parteitagen, danach werden die Vorsätze wieder verworfen“, sagt er. „Die Menschen sind enttäuscht von der Sozialdemokratie.“ Die „großen Ankündigungen, wie die Vermögensteuern, hat man nicht realisiert“. Und: „Auf gültige Programmpunkte wird gepfiffen.“
„Das ist falsch verstandene Solidarität“
Es sei „durchaus symptomatisch für diese Partei“, dass vor dem Parteitag zwar über die nötige Geschlossenheit in der SPÖ bei der Wahl zum Parteichef diskutiert wurde. „Aber das ist falsch verstandene Solidarität“, meint Babler. Vielmehr müsste sich die Sozialdemokratie Gedanken darüber machen, dass sie Stimmen und Mitglieder verliere. „Würde ich in meiner Stadt anteilsmäßig so viele Mitglieder verlieren, würde ich mir jedenfalls Sorgen machen.“
Was würde ihn also dazu bringen, Faymann am Freitagabend doch zu wählen? „Wir brauchen einen Verbindlichkeitsmechanismus hinsichtlich der Parteitagsbeschlüsse“, sagt Babler. Bestimmte Themen müsste man in Zukunft zu Koalitionsbedingungen machen. Apropos Koalition: Die Partei sollte auch ihre Mitglieder dazu befragen, ob sie mit der Zusammenarbeit mit einer bestimmten Partei einverstanden ist.
Ob er dem Antrag der Sozialistischen Jugend zustimmen werde, die ein Ende der rot-schwarzen Koalition fordert, weiß der Bürgermeister allerdings nicht. „Ich werde mir den Antrag erst in Ruhe anschauen.“ Babler will außerdem darüber diskutieren, ob man die Funktion des Kanzlers und Parteichefs trennen sollte.
SPÖ soll Lage ernst nehmen
Allzu vieles habe sich in den vergangenen zwei Jahren jedenfalls nicht getan, meint Babler. Warum Faymann dann eigentlich noch Parteichef sei? „Das müssen Sie die 83 Prozent fragen, die ihn damals gewählt haben“, sagt er. Auch sie müssten die Verantwortung für den Zustand der SPÖ übernehmen. „Jetzt kommt es darauf an, wie ernst die Sozialdemokratie sich selbst nimmt. Und ihre dramatische Situation.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2014)