Dreifaches Schweizer Nein zu heiklen Volksinitiativen

Initiativen zur Begrenzung des Zuzugs, Beendigung von Steuervorteilen für reiche Ausländer und Ausbau des Goldschatzes gescheitert.

Bern. Die Schweiz wird ihre Beschränkungen für die Zuwanderung nicht weiter verschärfen: In einer Volksabstimmung stimmten 74Prozent der Teilnehmer am Sonntag laut Hochrechnungen vom Nachmittag gegen die Initiative „Stopp der Überbevölkerung“. Deren Erfolg hätte bedeutet, dass pro Jahr nur noch wenig mehr als 16.000 Menschen hätten einwandern dürfen; in den vergangenen Jahren waren es meist über 80.000.

Die Eidgenossen wiesen außerdem Forderungen nach einer starken Erhöhung der nationalen Goldreserven sowie Aufhebung von Steuerprivilegien für ausländische Millionäre mit Wohnsitz in der Schweiz eindeutig zurück.

Mit ihrer Migrationsoffensive „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ wollte die Vereinigung Umwelt und Bevölkerung (Ecopop) erreichen, dass die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung begrenzt wird. In ersten Reaktionen zeigten sich Politiker erleichtert.

Erst im Februar hatten die Eidgenossen bei der Zuwanderung gebremst und mit 50,3 Prozent der Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ der nationalkonservativen Volkspartei (SVP) zugestimmt. Deswegen muss die Regierung ungeachtet der aktuellen Entscheidung bis 2017 Kontingente für Zuwanderer festlegen – auch für EU-Bürger, die bisher ohne Limit in der Schweiz arbeiten und wohnen dürfen. Die Regierung hofft, dass die EU sich bereitfindet, über Kompromisslösungen zu verhandeln.

Bei Annahme der Ecopop-Initiative, die weit über die Kontingentsregelung hinausging, wäre es zum Bruch mit der EU gekommen. Vor dem Urnengang hatte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann gewarnt, dass die Schweiz ihren Zugang zum europäischen Binnenmarkt verlieren könnte.

Einen wichtigen Grund für das klare Nein sieht Claude Longchamp vom Forschungsinstitut Gfs.bern darin, dass die Initiative nicht von der SVP unterstützt wurde. Zudem habe es breite Ablehnung in den Medien gegeben. Auch die Wirtschaftsverbände hatten gewarnt und erklärt, ein Ja würde zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.

Die Ecopop-Initiatoren hatte ihre Forderung damit begründet, dass Natur und Gesellschaft der Schweiz Schaden nehmen würden, wenn die Zuwanderung so weitergehe. Die Einwohnerzahl wachse durch Zuwanderung weit schneller als diejenige der EU. Die Bevölkerungszahl werde ohne Gegenmaßnahmen von derzeit 8,2 Millionen bis 2050 auf zwölf Millionen anwachsen. Dies könne die Schweiz nicht verkraften.

Abgelehnt wurde auch die Volksinitiative zur Erhöhung der Goldreserven der Nationalbank von sieben auf 20 Prozent ihrer Aktiva. Dagegen stimmten laut Hochrechnungen 78 Prozent.

Schweizer wollen Millionäre behalten

Voraussichtlich 60 Prozent der Stimmbürger lehnten die Forderung ab, reichen Ausländern mit Wohnsitz in der Schweiz keine steuerlichen Vorzugsbedingungen mehr einzuräumen. Gegner dieser Initiative hatten vor Abwanderung fremder Millionäre und deutlichen Einbußen bei den Steuereinnahmen gewarnt. Siehe Seite 8. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2014)

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