"Schmaler Grat": Regierung beschließt Amtsgeheimnis-Reform

Mitterlehner und Faymann
Mitterlehner und Faymann(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Ab 2016 sollen die Bürger ein grundsätzliches Recht auf Informationszugang bei Behörden und öffentlichen Unternehmen haben - allerdings mit Ausnahmen. Grüne und FPÖ stemmen sich gegen den Entwurf.

Die Regierung hat am Dienstag die geplante Reform des Amtsgeheimnisses beschlossen. Das hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) nach dem Ministerrat bestätigt. Ab 2016 soll damit ein grundsätzliches Recht der Bürger auf Informationszugang bei Behörden und öffentlichen Unternehmen gelten, das allerdings durch eine Reihe von Ausnahmebestimmungen beschränkt werden soll.

Es sei darum gegangen, den "schmalen Grat" zwischen mehr Transparenz und der "Wahrung der Interessen des Einzelnen" und der Betriebe zu bewältigen, so Faymann. "Im Endeffekt ist hier das Recht des Bürgers auf Informationszugang gestärkt worden", betonte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Weil es sich bei der Reform um eine Verfassungsänderung handelt, ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und damit eine Einigung mit FPÖ oder Grünen nötig.

"Informationsfreiheitsbehörde" kommt nicht

Größere Änderungen zum bereits im März vorgelegten Begutachtungsentwurf gibt es nach Regierungsangaben nicht. Damit kommt auch die von Kritikern geforderte "Informationsfreiheitsbehörde" nicht. Man habe auf einen Informationsbeauftragten verzichtet, weil ohnehin rechtliche Prüfungsmöglichkeiten vorgesehen sind, sagte Mitterlehner. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) erklärte, man habe erst kürzlich 120 Sonderbehörden durch die neuen Verwaltungsgerichte ersetzt. "Da wäre es absurd, wenn wir ein Jahr später wieder eine Sonderbehörde schaffen würden", so Ostermayer.

Eingeklagt werden soll das Recht auf Informationszugang im Streitfall bei den Verwaltungsgerichten bzw. beim Verfassungsgerichtshof. Außerdem soll sich aus Sicht der Regierung die Volksanwaltschaft als Ombudsstelle neben sonstigen "Missständen" in der Verwaltung auch um Beschwerden gegen die Nichtgewährung von Information kümmern.

Grüne und FPÖ gegen Regierungsentwurf

Die Grünen lehnten den Entwurf am Dienstag ab, signalisierten aber Verhandlungsbereitschaft. Justizsprecher Albert Steinhauser warf der Regierung vor, dass sich ihr Entwurf praktisch nicht von dem vielfach kritisierten Vorentwurf vom März unterscheide. Die Neos begrüßten zwar grundsätzlich den Plan, das aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis durch ein Informationsfreiheitsgesetz zu ersetzen, kritisierten aber ebenfalls die Inhalte des Regierungsentwurfes.

Ähnlich äußerte sich die FPÖ. "Umfangreiche Verhandlungen" werden "unumgänglich sein", meinte der freiheitliche Abgeordnete Philipp Schrangl. "Insbesondere eine schrankenlose Ausdehnung der Ausnahmen durch einfachgesetzliche bundes- oder landesrechtlicher Regelungen kommt für uns nicht in Frage", forderte Schrangl einheitliche Regelungen.

Amtsgeheimnis

Derzeit stehen Amtsgeheimnis und Auskunftspflicht in der Verfassung (Artikel 20) nebeneinander, im Zweifelsfall werden Informationen daher häufig unter Verschluss gehalten. Künftig soll eine Auskunftspflicht für alle Informationen gelten, die nicht konkreten Geheimhaltungsgründen unterliegen. Wie der Informationszugang konkret funktionieren soll, müssten Bund und Länder mit eigenen "Informationsfreiheitsgesetzen" regeln. Kritiker befürchten daher einen "Fleckerlteppich".

(APA)

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