Wie die Börsen auf einer Ölspur ins Schleudern geraten sind

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Und warum Ryanair kein schlechtes Investment ist.

Die Börsen sind in dieser Woche auf einer ziemlich glitschigen Ölspur ausgerutscht: Der weiter sinkende Rohölpreis sorgt dafür, dass die Weihnachtsrallye heuer wohl ausfällt. Denn ein Ende des Preisverfalls ist noch lange nicht in Sicht, obwohl wir in der Zwischenzeit in der 60-Dollar-Region angelangt sind.

Erste Prognosen, die von einem zwischenzeitigen Absacken auf bis zu 35 Dollar je Barrel (159 Liter) ausgehen, dürften zwar stark übertrieben sein. Aber woher in den nächsten Monaten genug Nachfrage für eine Preiswende kommen soll, ist auch nicht wirklich zu sehen. Man kann sich also durchaus auf längere Zeiten öliger Unsicherheit einstellen.

Diese lassen die Indizes ein wenig flatterig aussehen: In den vergangenen Tagen hat sich gezeigt, dass die erreichten Höchststände starke Deckel darstellen, an denen kurzfristige Kursaufschwünge immer wieder markant abprallen. Beim deutschen DAX kommt die angeblich „magische“ Grenze von 10.000 Indexpunkten dazu, an der sich die Börsianer zuletzt schon mehrfach die Zähne ausgebissen haben.

Andererseits waren die Abstürze zuletzt auch nach unten relativ scharf begrenzt. Kaum geht es signifikant bergab, sorgen schon wieder Schnäppchenjäger dafür, dass ein Boden eingezogen wird. Das ist wieder ein gutes Zeichen. Vor allem in den USA scheinen die Böden halbwegs zu halten.

Die richtige Umgebung, um Neuengagements vorzunehmen, ist das derzeit aber nicht. Dazu würde man doch gern genauer wissen, in welche Richtung die Schaukelbörse definitiv ausbrechen wird. Es heißt jetzt also, geduldig sein – und bestehende Positionen nach unten absichern. Man weiß ja nie...

Allerdings könnten sich bald auch einige Gelegenheiten bei Werten ergeben, die derzeit einfach ungerechtfertigt pauschal abgestraft werden. So ist etwa die gesamte Energiebranche kräftig unter die Räder gekommen, obwohl einige Sektoren im Prinzip gar nicht so stark mit dem Preis des schwarzen Goldes korrelieren. Die Solar- und Windkraftwerte sind etwa extrem in Bedrängnis geraten. Zu Unrecht, wie viele Experten meinen, denn die Solarbranche sei viel stärker vom Gaspreis abhängig als vom Öl. Und dieser verlaufe keineswegs parallel.

Schwer gebeutelt worden ist beispielsweise unser früherer chinesischer Solarliebling Jinko Solar(ISIN US47759T1007), der nach seinem Rutsch jetzt eigentlich überall ausgestoppt sein sollte. Freilich: Die Daten des Unternehmens sind weiterhin hervorragend. Im kommenden Jahr wird das Unternehmen einen Unternehmensteil abspalten und getrennt an die Börse bringen, was für zusätzlichen Auftrieb sorgen sollte. Kurzum: Fundamental gesehen ist die Aktie jetzt billig wie noch selten, und man sollte eigentlich zugreifen. Allerdings zeigt das Chartbild derzeit das genaue Gegenteil der „Fundamentals“ an. Durchaus möglich also, dass es noch ein Stück abwärts geht. Das heißt, die Aktie gehört noch nicht ins Portfolio, aber unbedingt auf den Radarschirm. Wenn sie dreht, könnte es explosiv werden.

Recht gut unterwegs ist derzeit der deutsche Biotechwert Morphosys(ISIN DE0006632003). Der hat zwar schon ein schönes Stück Anstieg hinter sich, den Aktienauguren gefällt er aber wegen überdurchschnittlicher Wachstumsaussichten und einer vollen Produktpipeline recht gut. Merrill Lynch hat das Kursziel in der abgelaufenen Woche auf 102 Euro angehoben und die bestehende Kaufempfehlung erneuert. Vom derzeitigen Kurs von rund 86 Euro aus ergibt das ein schönes Potenzial.

Abgefahren sind im Weihnachtsgeschäft auch die beiden Kreditkartenmultis Visa und Mastercard. Mastercard (ISIN US57636Q1040) ist nach der Ankündigung einer höheren Dividende recht stark gestiegen, hat sein Kursziel fast schon erreicht und pausiert jetzt aber ein wenig. Es sieht allerdings danach aus, als wäre die Pause nur ein Atemholen für den nächsten Schritt. Charttechnisch sieht Visa(ISIN US92826C8394) sogar noch eine Spur besser aus.

Auf einem absoluten Höhenflug (der von niedrigen Ölpreisen noch befeuert wird) befindet sich derzeit die Aktie des Billigfliegers Ryanair(ISIN IE00B1GKF381). Experten meinen, man könnte da noch zusteigen. Zumal das Unternehmen in einigen Punkten (beispielsweise bei der Zahl der Passagiere) die bisherigen Prognosen übertroffen hat.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2014)

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