Klimagipfel in Lima erreicht Minimalkonsens

Perus Umweltminister und Gipfelpräsident Manuel Pulgar Vidal
Perus Umweltminister und Gipfelpräsident Manuel Pulgar VidalREUTERS (Enrique Castro-Mendivil)
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Im Streit um die Reduzierung von CO2-Emissionen haben die 195 Industrie- und Entwicklungsländer einen schwachen Kompromiss gefunden. Das Ziel ist es, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen.

Auf dem UN-Klimagipfel in Lima ist im Streit um die Reduzierung der Treibhausgasemissionen ein Kompromiss erreicht worden. Nach intensiven Verhandlungen trafen die UN-Mitgliedsstaaten in der eine Einigung zur Lastenteilung bei der CO2-Reduzierung, wie die Konferenzleitung am Sonntag mitteilte. Das Verhandlungsergebnis wurde von vielen Beteiligten als Minimalkonsens eingeschätzt.

"Das Dokument ist verabschiedet", sagte Perus Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal, der als Gastgeber die Verhandlungen leitete, zum Applaus und Jubel der erschöpften Delegierten. Die Einigung, die als Grundlage für ein neues verbindliches Klimaabkommen dienen soll, wurde zwei Tage nach dem ursprünglich geplanten Ende der Konferenz am Freitagabend erreicht. Insgesamt war zwei Wochen lang in der peruranischen Hauptstadt um die Aufteilung der Lasten zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern gerungen worden.

Indien und China müssen mitmachen

Außerdem wurde ein Textentwurf beschlossen, der als Grundlage für die Verhandlungen dienen soll, die beim UN-Klimagipfel in Paris im Dezember 2015 zum Abschluss eines neuen verbindlichen Klimaabkommens führen sollen, das 2020 in Kraft treten soll. Klimaschutzaktivisten kritisierten jedoch, dass der am Sonntag zur Überbrückung der Differenzen zwischen Norden und Süden getroffene Kompromiss Zweifel wecke, dass bei der Konferenz in Paris die notwendigen weitreichenden Schritte getroffen werden könnten.

Bis zuletzt war eine Einigung fraglich erschienen. Ohne Kompromiss drohe ein "ernster Rückschlag", hatte der US-Chefunterhändler Todd Stern noch Samstagabend gewarnt. Die Verhandlungen seien festgefahren, sagte auch Chinas Verhandlungsführer Liu Zhenmin. Hauptstreitpunkt war die Aufteilung der Lasten zwischen Norden und Süden. Die Industrieländer forderten, dass sich auch aufstrebende Staaten wie Indien und China im geplanten Klimaabkommen zu verbindlichen Schritten bei der Reduzierung der Emissionen verpflichten.

Die ärmeren Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, verlangten ihrerseits Hilfszusagen der reichen Länder, um sie bei der Bewältigung des Klimawandels zu unterstützen. Im Einzelnen ging es zudem um die Dauer der Verpflichtungen, die Methode zur Errechnung der Emissionen und den Zeitpunkt, auf den sich die Reduktion der Emissionen bezieht.

Bis zu 70 Prozent weniger Emissionen

Die Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten sollen erlauben, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 40 bis 70 Prozent zu senken. Dies gilt als notwendig, um die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Bei einer stärkeren Erwärmung der Erde gilt der Klimawandel als nicht mehr beherrschbar. Das UN-Klimasekretariat soll nun bis zum 1. November 2015 die Zusagen der Mitgliedsstaaten zusammentragen, um zu überprüfen, ob sie tatsächlich ausreichen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.

"Wir haben bekommen, was wir wollten", sagte Indiens Umweltminister Prakash Javadekar am Sonntag. Das Abschlussdokument halte fest, dass die reicheren Staaten den ärmeren finanziell helfen müssten. Für Österreich hatte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) an dem Gipfel teilgenommen. Rupprechter hatte bereits am Mittwoch gegenüber der APA angekündigt, dass der Bund 25 Millionen Dollar (20,21 Mio. Euro) in den mittlerweile auf zehn Milliarden angewachsenen globalen Grünen Klimafonds der UNO einzahlen wird.

Babyschritte in Richtung Weltklimavertrag

Die Grünen haben das Ergebnis des Klimagipfels in Peru am Sonntag als "besorgniserregend schwach" kritisiert. "Es sind nur Babyschritte in Richtung eines Weltklimavertrages gemacht worden", kritisierte Umweltsprecherin Christiane Brunner.

Das Ergebnis sei deshalb so besorgniserregend, da die politische Ausgangslage "so gut wie schon seit vielen Jahren nicht war". Vor allem die erhoffte positive Auswirkung des China-USA-Deals habe sich in den Verhandlungen nicht so niedergeschlagen, wie es die meisten Beobachter erwartet hatten. "Um Paris erfolgreich abschließen zu können, müssen noch wichtige Verhandlungsschritte gesetzt werden", so Brunner.

Wichtig am Lima-Ergebnis ist der Umweltsprecherin zufolge die Festlegung robuster Kriterien für die Zielbestimmungen der einzelnen Länder. "In Summe sind jedoch zu viele der wirklichen Knackpunkte bis zur nächsten Konferenz in Paris aufgeschoben worden. Gegen stärkere Klimaschutzbestimmungen haben vor allem China und die Öl-exportierenden Länder opponiert", so Brunner.

Umweltminister Rupprechter ist zufrieden

Trotz des eher mageren Ergebnisses des Klimagipfels in Lima in Peru hat Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) ein positives Resümee gezogen. Durch intensive Verhandlungen konnte "eine tragfähige Basis für die Erarbeitung eines globalen Klimavertrages geschaffen werden".

Die Grünen haben das Ergebnis des Klimagipfels als "besorgniserregend schwach" kritisiert. "Es sind nur Babyschritte in Richtung eines Weltklimavertrages gemacht worden", so Umweltsprecherin Christiane Brunner. "In Lima sollten die Fundamente für den Weltklimavertrag von Paris 2015 gelegt werden, doch es wurde nicht einmal die Baugrube fertig gestellt", sagte Martin Kaiser, Leiter des internationalen Klimateams von Greenpeace. Der "mühsam errungene Kompromiss ist enttäuschend, denn er verschiebt die wichtigsten Streitpunkte auf nächstes Jahr, statt erste Lösungen zu beschließen."

Umweltschutzgruppen enttäuscht

Auch der WWF zeigte sich enttäuscht: "Es gibt keinen Grund zum Feiern. Die Verhandlungen der letzten Tage haben gezeigt, wie groß die Differenzen insbesondere zwischen vielen Industriestaaten und den sich entwickelnden Ländern noch sind, und dass der Weg nach Paris noch sehr steinig sein wird", so die Beurteilung von WWF-Klimareferent Karl Schellmann. "Das Ergebnis von Lima ist besorgniserregend schwach und bleibt weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen", unterstrich auch Global 2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler.

Der Weltklimavertrag soll im Dezember 2015 in Paris bei der COP21 abgeschlossen werden. "Es gibt keine Alternative im Kampf gegen den Klimawandel. Alle müssen an einem Strang ziehen. Dabei setzen wir alles daran, auch die USA, China und Russland mit ins Boot zu holen. Es steht uns ein intensives Verhandlungsjahr bevor", betonte Rupprechter.

Der weitere Fahrplan sieht vor, dass die Staaten 2015 ihre beabsichtigten Beiträge für den Weltklimavertrag bekannt geben. Zudem soll bis Mai 2015 ein erster Entwurf vorbereitet werden. "Die Verhandlungen gehen bereits im Februar weiter", sagte der Umweltminister.

(APA/dpa/AFP)

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