Der weltweite Ölpreisverfall geht ungebremst weiter. Die Sorte Brent fiel erstmals seit Mai 2009 unter die 50-Dollar-Marke. Seit dem vergangenen Sommer sind die Ölpreise um mehr als die Hälfte eingebrochen.
Der Preis für die weltweit wichtigste Ölsorte Brent ist erstmals seit Mai 2009 wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 50 Dollar gefallen. Ein Barrel kostete damit nur noch etwa halb so viel wie im Sommer. Brent wurde am Mittwoch zeitweise nur noch mit 49,66 Dollar (41,68 Euro) je Fass gehandelt, das US-Öl WTI mit 46,83 Dollar je Barrel. "Die Stimmung an den Rohölmärkten ist so schlecht wie seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise nicht mehr", urteilt NordLB-Analyst Frederik Kunze am Mittwoch. "Die Marke von 40 US-Dollar je Barrel ist Brent ein zunehmend wahrscheinliches Szenario", sagt Kunze. Nobuyuki Nakahara, Ex-Vorstandsmitglied der Bank von Japan und ehemaliger Manager in der Ölindustrie, hält sogar einen Rückgang der Preise auf bis zu 20 Dollar je Barrel für möglich.
Hauptgrund für den Ölpreisverfall ist das Überangebot durch den "Fracking"-Boom in den USA. Dabei wird Rohöl mit Hilfe technisch aufwendiger Verfahren aus Schieferstein gelöst.
Chinas Ölimporte könnten abschwächen
Außerdem spiele eine Einschätzung von Experten der Citigroup eine Rolle, hieß es weiter. Demnach dürften sich die Ölimporte in der zweitgrößten Volkswirtschaft China im laufenden Jahr abschwächen. Ein zu hohes Angebot an Rohöl auf dem Weltmarkt hat die Ölpreise seit dem vergangenen Sommer um mehr als die Hälfte einbrechen lassen.
Trotz des rasanten Preisrutsches gibt es weiter keine Hinweise auf eine mögliche Kürzung der Fördermengen durch die OPEC. Innerhalb des Öl-Kartells hat sich vor allem Saudi-Arabien gegen eine geringere Förderung ausgesprochen und gewährt stattdessen seinen Abnehmern Rabatte. Das Kalkül: Die Förderung soll für Konkurrenten wie die Fracking-Firmen in den USA unrentabel werden.
Während die rasante Talfahrt Ländern wie Russland stark zusetzt, profitieren andere: Nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hat der Preisverfall den Effekt eines milliardenschweren Konjunkturpakets. Bleibe der Preis auf dem aktuellen Niveau, würden deutsche Unternehmen und Konsumenten in diesem Jahr um 20 Milliarden entlastet, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der "Bild"-Zeitung.
Deutschland: "Einbruch kommt gerade recht"
"Der Ölpreiseinbruch kommt als Konjunkturpaket gerade recht." Die Verbraucher profitierten sowohl bei den Benzin- als auch bei den Heizkosten. "Aber auch die Industrie spart ebenso wie Fluggesellschaften oder Spediteure", sagte Wansleben.
Viele Anleger sehen den Preisverfall als Zeichen für die angeschlagene Weltwirtschaft. Entsprechend nach unten ging es in den vergangenen Tagen auch an den Aktienmärkten. Der Preisverfall setzt derzeit vor allem Ölkonzernen wie BP, Shell oder Exxon zu. Die im europäischen Branchenindex gelisteten Firmen haben seit Jahresmitte zusammengerechnet mehr als 200 Mrd. Dollar an Börsenwert eingebüßt. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Portugals. Am Mittwoch verloren BP und Shell an der Londoner Börse jeweils rund 0,5 Prozent.
(APA/dpa/Reuters)