Alina Fritsch: "Groupie mit Irrsinn und Power"

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Alina Fritsch über ihre Rolle als Intrigantin in Hermann Bahrs »Konzert« - ab 7.Februar im Akademietheater zu sehen. Der Erfolg kam rasch und war dennoch hart erkämpft.

„Ich habe auch sehr viel gearbeitet“, sagt Alina Fritsch auf die Frage, ob es als Tochter einer bekannten Burgschauspielerin leichter oder schwerer ist, in diesem Beruf zu starten. Funktioniert hat ihre Karriere bis jetzt bestens: In Reichenau hat sie Schnitzler und Fontanes Effi Briest gespielt, dann kam die Gerda, das Mädchen in Andersens „Schneekönigin“, das sich auf die Suche nach seinem Freund Kai macht, derzeit im Akademietheater zu sehen. Ab 7.Februar ist Fritsch als Eva Gerndl, die gefährlichste Verehrerin des Star-Pianisten Gustav Heink (Peter Simonischek), ebenfalls im Akademietheater, zu erleben – Mutter Regina Fritsch spielt Heinks kluge Gattin, Marie. Das „bitchige Groupie“ Eva begeistert Alina Fritsch, im richtigen Leben hält sie sich aus Intrigen lieber heraus.

Gustav Heink, berühmter Pianist, geht fremd, dabei wird er erwischt – von seiner Frau und dem Ehemann der Dame, mit der er ein Wochenende auf einer Almhütte verbringen will. Sie spielen im Komödienklassiker „Das Konzert“ die Intrigantin Eva Gerndl. Was ist los mit dieser Frau? Liebt sie den Pianisten, hat sie einen Vaterkomplex oder ist sie einfach überspannt?

Alina Fritsch: Um so irre zu sein wie Eva Gerndl muss man wirklich lieben. Aber sie ist ein Groupie, sie kennt den Mann nicht so, wie ihn seine Frau kennt. Sie verzehrt sich nach dem Meister, für mich ist sie richtig bitchig. Sie ist aufdringlich in ihrem Liebeswahn, sie glaubt steif und fest, dass Gustav Heink für sie der einzige richtige Mann ist. Mir gefällt dieser Irrsinn, diese Frau, die nicht mehr klar denken kann. Sie hat echt Power und Selbstbewusstsein, sie ist besessen und zu allem bereit.

Waren Sie schon mit Intrigen konfrontiert?

Ja. Am besten, man hält sich heraus, man kann nicht eine Intrige mit einer anderen bereinigen, das gibt Chaos.

Wie aktuell ist dieses Stück? Frauen müssen heute doch nicht mehr Männern nachrennen, sie sind selbstständig, emanzipiert.

Die Gesellschaftsstruktur hat sich verändert, Frauen gehen arbeiten, sind finanziell nicht mehr vom Mann abhängig, alles ist viel offener. Trotzdem finde ich, der Kampf, egal, ob es um einen Mann geht oder um etwas anderes, der Betrug, die Lüge, die Fassade, die Masken, das ist doch alles gleich geblieben. Und Groupies, die in Ohnmacht fallen, sieht man bei jedem Popkonzert.

Hatten Sie schon mal eine Groupiephase?

Ich hatte keine Groupiephase. Aber ich kann Eva Gerndl sehr gut verstehen, man kann jemanden so sehr verherrlichen, dass man alles andere vergisst und erst später draufkommt, dass man die rosarote Brille aufgehabt hat.

Gustav Heinks Frau, Marie, reagiert sehr abgeklärt auf das Pantscherl ihres Mannes, in der Realität wäre das wohl nicht so.

Alle Beteiligten spielen ein Spiel. Gustav Heink findet die Affären längst zu anstrengend, aber er ist ein Getriebener, er muss seine Verehrerinnen erhören, oder zumindest manche, damit er sich nicht alt fühlt. Marie spielt ebenfalls ein Spiel, um Gustav zurückzubekommen oder ihm eine Lehre zu erteilen. Delfine spielt, um ihre romantische Idee von Liebe durchzusetzen, aber da macht Gustav Heink letztlich nicht mit. Jeder in diesem Stück hat eine Fassade. Der Dr.Jura, Delfines Mann, ist eine tolle Figur, er sagt, jeder solle nach seiner Façon selig werden, aber in der Wirklichkeit spielt sich das meistens nicht so ab. Da gibt's Besitzdenken, meins ist meins und deins ist deins, das gilt auch für Partner.

Sie hatten bisher viel Glück mit Ihrer Karriere. Hatten Sie es leichter, als Tochter von Regina Fritsch – oder schwerer?

Ich wollte immer Schauspielerin werden. Meine Mutter hat versucht, mir das auszureden, sie sagte: „Um Gottes willen! Alles nur nicht Schauspielerin!“ In der Schule gab es ein paar Castings, zu denen ich eingeladen wurde. Meine Mutter hat nicht erlaubt, dass ich hingehe. Sie sagte: „Du musst dich auf die Schule konzentrieren, bis du 18 bist und deinen Abschluss hast, dann kannst du machen, was du willst.“ Das war ein großer Streitpunkt zwischen uns. Als ich 18 war, dachte ich mir: „So, jetzt kann die Mama nichts mehr sagen.“ Ich habe mich bei einer Agentur beworben und bin genommen worden, Filmangebote sind eingetrudelt. Meine Mutter war aber noch immer dagegen. Weil ich auch gut schreibe, habe ich mich auf der University of Warwick beworben, ich wurde akzeptiert, habe englische Literatur und Schriftstellerei studiert, nebenbei aber privaten Schauspielunterricht genommen. Insgesamt: Ich habe viel Glück gehabt. Aber ich habe auch sehr viel gearbeitet, diese Arbeit wurde belohnt, das finde ich super, denn es ist ja nicht immer so, dass viel Arbeit belohnt wird.

Haben Sie auch düstere Seiten?

Ohne die dunkle Seite kann man gar nicht richtig lächeln.

Träumt eine junge Schauspielerin heute noch davon, am Burgtheater Gretchen, Julia und Luisa zu spielen?

Na klar! Aber ich möchte schon beides machen, Theater und Film.

Welche Bücher, Stücke haben Sie geprägt?

„Antigone“, „Medea“, die Griechen. Ich mag es, wenn es richtig ans Eingemachte geht, wenn Menschen in Extremsituationen geraten, gezwungen sind, Leid, Not zu bewältigen, wenn sie alles verlieren und total am Ende sind. Wie schafft man es, was tut man, damit es weiter geht? Ich mag auch die Russen, Ibsen und Strindberg, wo Menschen richtig vom Leben zermahlen werden. Das finde ich interessant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2015)

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