Die Personalvertretung sieht den Siemens-Standort in Simmering gefährdet und kritisiert die Vergabe des 500-Millionen-Auftrags an Bombardier.
Siemens hat den 562 Millionen Euro schweren Großauftrag für die neue Wiener Straßenbahngeneration gegen Bombardier verloren und daraufhin die Vergabe beeinsprucht. Das Verfahren läuft noch. In der Zwischenzeit will der Siemens-Betriebsrat offenbar Druck machen und warnt vor dem Verlust von rund 150 Jobs in Wien. Kritik wurde dabei auch an der Industriepolitik der Stadt erhoben.
"Ich fürchte, dass es eine Personalreduzierung geben wird", adressierte Betriebsrats-Chef Franz Schuh am Dienstag vor Journalisten an die Verantwortlichen von Stadtregierung und Wiener Linien. Denn am Standort in Wien-Simmering seien von den insgesamt 1500 Mitarbeitern rund 90 Prozent als Facharbeiter beschäftigt. "Die kosten Geld", so Schuh. Die Unternehmensleitung in Deutschland werde sich womöglich fragen, warum man in das Wiener Werk hohe Summen investiert habe, wenn man sich nicht die Aufträge in der Heimatstadt sichern kann.
Kritik an Bombardier-Straßenbahnen
Dass man die Straßenbahnausschreibung nicht gewonnen hat, ist in Schuhs Augen keinesfalls das Verschulden von Siemens. Denn das überarbeitete ULF-Konzept, das man ins Rennen geschickt hat, sei besser als das Bombardier-Produkt. In Sachen Barrierefreiheit biete der ULF breitere Korridore für Rollstühle und Kinderwagen und komme zudem ohne Rampen aus.
Die Entscheidung sei auch aus industriepolitischen Überlegungen nicht nachvollziehbar. Denn Siemens erreiche in Wien eine weit höhere Wertschöpfung. "Ich will den Standort der Konkurrenz nicht schlechtreden", aber dort kämen Wagenkästen und Drehgestelle aus dem Ausland und würden in Wien lediglich zusammengebaut. Bei Siemens werde alles in der Bundeshauptstadt entwickelt und produziert, versicherte Schuh. Unterstützung kam diesbezüglich vom - in Simmering politisch beheimateten - SPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Troch. Der ULF sei zwar teurer - der konkrete Preisunterschied konnte heute nicht genannt werden -, aber er biete mehr Qualität: "Die Stadt sollte möglichst alles tun, um dieses Produkt zu promoten."
Ausfallquoten offenbar reduziert
Angesprochen auf den wiederholten Kritikpunkt, die Siemens-Niederflurstraßenbahnen wiesen, wie vom Kontrollamt vor einigen Jahren festgestellt, Ausfallquoten von bis zu 25 Prozent auf, entgegnete Schuh, dass neuesten Erhebungen zufolge eine wesentlich höhere Verfügbarkeit erreicht worden sein. Das bestätigte man bei den Wiener Linien mit Verweis auf diverse Anpassungen im Laufe der vergangenen Jahre und vorerst ohne Nennung genauer Zahlen.
Seinem eigenen Unternehmen gegenüber zeigte sich Schuh aber ebenfalls nicht ganz unkritisch. Man habe den Fehler begangen, dass man die Stadt als Braut sowieso schon lange an sich gebunden habe und davon ausgegangen sei, "dass kein anderer um diese Braut werben darf".
(APA)