Abdullah-Zentrum: Bandion-Orntner tritt zurück

Die frühere ÖVP-Politikerin Claudia Bandion-Ortner will sich als Vize-Generalsekretärin des umstrittenen Abdullah-Zentrums zurückziehen.

Die frühere Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wird als Vize-Generalsekretärin des umstrittenen Abdullah-Zentrums für Interreligiösen Dialog (KAICIID) zurücktreten. Bandion-Ortner hat am Samstag gegenüber der APA entsprechende Medienberichte bestätigt. "Ich werde mich in der nächsten Zeit zurückziehen", sagte Bandion-Ortner. Alles Weitere wolle sie nun mit dem Dialog-Zentrum besprechen, um eine "geordnete Übergabe" zu ermöglichen, so Bandion-Ortner. Zu den Gründen für ihren Rücktritt wollte sie sich nicht äußern. Wie Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gegenüber der Tageszeitung "Österreich" sagte, habe er in einem Gespräch mit der Ex-Ministerin einen freiwilligen Rückzug vereinbart.

Seit ihrem Rückzug aus der Politik arbeitet Claudia Bandion-Ortner nicht mehr als Richterin, sondern in der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA). In die Schagzeilen kam sie aber vor allem aufgrund einer anderen Funktion ... (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Mario Kneisl)

... nämlich als Vize-Generalsekretärin des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen Dialog, das in Wien von Saudi-Arabien, Österreich und Spanien gegründet wurde. Heftige Kritik brachten ihr Aussagen über Saudi-Arabien in einem "Profil"-Interview ein. Der Spruch "Das ist nicht jeden Freitag!" über öffentliche Hinrichtungen wurde zum Un-Spruch des Jahres 2014 gewählt. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)

Bandion-Ortner leitete den Bawag-Prozess und wechselte kurz danach als Quereinsteigerin in die Politik: Der damalige ÖVP-Chef Josef Pröll machte sie im Herbst 2008 zur Justizministerin und hielt ihr in dieser Rolle stets die Treue. Mit dem Rücktritt von Pröll im Jahr 2011 war aber auch Bandion-Ortners Schicksal besiegelt. Sie musste das Ministerium an Beatrix Karl abgeben. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)

Bandion-Ortner wurde am 30.11.1966 in Graz geboren. Sie hat ein Jus-Studium an der Grazer Karl-Franzens-Universität absolviert. 15 Jahre war sie am Wiener Straflandesgericht tätig. Anwälte und Berufskollegen beschreiben sie als "faire Verhandlungsleiterin mit Schmäh". (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Als Richterin im Konsum- und Bawag-Prozess wurde sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Auch abseits des Verhandlungssaals engagierte sich Bandion-Ortner für Gerechtigkeit. Sie war jahrelang gewerkschaftlich als Betriebsausschuss-Vorsitzende des Straflandesgerichts tätig und machte sich für die Anliegen der Richterschaft stark. (c) APA (HELMUT FOHRINGER)

Und auch auf dem Society-Parkett scheint sie sich wohl zu fühlen. Sie gilt als gern gesehener Gast in der Seitenblicke-Gesellschaft. Wenig wohlmeinende Stimmen sprachen zum Beginn ihrer Amtszeit als Justiziministerin von einer "neuen Kdolsky". (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)

Doch zumindest Tanzeinlagen musste man von ihr nicht fürchten. In einem Interview gab sie an, ihr Mann hasse es zu tanzen und "ohne Tanzpartner kein Abtanzen".Die Landesinnung der Wiener Augenoptiker verlieh Claudia Bandion-Ortner den Brillen-Award 2008. Auffällige Sehbehelfe gelten als ihr Markenzeichen. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Claudia Bandion-Ortner ist Mutter eines Sohnes und mit Andreas Bandion, dem stellvertretenden Leiter des Fachbereiches Prävention beim Landeskriminalamt Niederösterreich, verheiratet. Um ihre Verbundenheit zu ihrem Beruf auszudrücken, ließen sie sich im Goßen Schwurgerichtssaal am Straflandesgericht Wien standesamtlich trauen. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

"Abaya ist ein angenehmes Kleidungsstück"

Sie hatte sich im Oktober des Vorjahres mit Aussagen über die Menschenrechtslage in Saudi Arabien massive Kritik eingehandelt. Bandion-Ortner hatte im vorigen Oktober erklärt, dass in Saudi Arabien "nicht jeden Freitag" geköpft werde. Das Frauen in der Öffentlichkeit vorgeschriebene schwarze Gewand ("Abaya") mit Kopftuch bezeichnete sie als "angenehmes Kleidungsstück".

Geleitet wird das Dialogzentrum vom ehemaligen saudi-arabischen Minister Faisal Abdulrahman bin Muaammar, Bandion-Ortner ist seine Stellvertreterin.

Kurz für Neuaufstellung

Außenminister Kurz plädiert nun für eine Neuaufstellung des Dialogzentrums. Neu Aufgeflammt ist die Debatte angesichts der Weigerung des Dialog-Zentrums, zur öffentlichen Folter des Bloggers Raif Badawi durch die saudische Justiz Stellung zu nehmen: Weil er sich für die Trennung von Staat und Religon ausgesprochen hatte, sollte er über 20 Wochen verteilt 1000 Stockschläge erhalten. SPÖ, FPÖ und Grüne forderten daraufhin die rasche Schließung des Dialog-Zentrums. Kurz und Bundespräsident Heinz Fischer lehnen dies ab. Kurz will noch bis zur Jahresmitte zuwarten und eine Evaluierung durchführen. "Das ist für mich eine Verzögerungstaktik", kritisierte Grünen-Chefin Eva Glawischnig noch am Samstag und forderte einen raschen Nationalrats-Beschluss.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos begrüßte den Rücktritt von Bandion-Ortner in einer Presseaussendung am Samstag. Er sei "längst überfällig" gewesen. Darabos plädierte erneut für einen Ausstieg Österreichs aus dem Dialogzentrum.

(APA)