HCB-Ausschuss: Behörde ignorierte Gutachten

Kärnten. Experten erstellten im Auftrag des Landes Varianten- und Machbarkeitsstudien. Viele ihrer Empfehlungen zum sicheren Umgang mit dem Blaukalk fehlten dann allerdings im Bescheid der Behörde.

Klagenfurt. Wurden Empfehlungen von Experten missachtet? Gab es technische Fehler? Am zweiten Tag des HCB-U-Ausschusses in Klagenfurt wurden jene Experten befragt, die mit ihren Studien die Vorarbeit für die Verbrennung im Zementwerk geleistet hatten.

Und es erhärtete sich dabei der Verdacht: Das Wietersdorfer Zementwerk hat den Kalkschlamm, der für die Zementerzeugung verwendet wurde, offenbar an der falschen Stelle eingebracht. Dadurch war es nicht heiß genug, und das Hexachlorbenzol (HCB) konnte entweichen. Als Zeugen waren am Vormittag Friedrich Wurst und Bernhard Holub geladen. Wurst, emeritierter Professor der Technischen Universität, hatte 2006 die Machbarkeitsstudie für die Verwertung des Kalkschlamms im Zementwerk erstellt. Holub hatte im Jahr 2008, ebenfalls im Auftrag des Landes, eine Variantenstudie erarbeitet. Für beide sei laut „Kleiner Zeitung“ klar gewesen: Wenn der Kalk mit der entsprechenden Temperatur – laut Wurst mit 750 Grad oder mehr – verbrannt worden wäre, hätte es im Görtschitztal keine Probleme mit HCB gegeben.

Was an diesem zweiten Sitzungstag auch klar wurde: Das Land, respektive eben die Behörde, hat im Bescheid für das Sanierungsprojekt der Donau-Chemie-Deponie in Brückl den Empfehlungen der beiden Experten nicht Folge geleistet. (Wobei beide zugaben, den Bescheid des Landes, der die Kalkschlamm-Verarbeitung erst erlaubt, nicht zu kennen.)

Wurst gab an, dass er für seine Arbeit mit den fachlich zuständigen Mitarbeitern des Landes in Kontakt gewesen sei, jedoch nicht mit Politikern. Seine Empfehlungen, die laut Kritik einiger Abgeordnete im Bescheid fehlten, lauteten unter anderem: Der Klärschlamm hätte vor Abtransport und Verbrennung in mit chlorierten Kohlenwasserstoffen verunreinigte Chargen und solche ohne Kontaminierung getrennt werden sollen.

Weiters habe die Untersuchung des sogenannten Reingases auf Chlorkohlenwasserstoffe zu den Vorschlägen gezählt, ebenso wie die Anlieferung und Entsorgung in „einem geschlossenen System“. Laut Holub wiederum darf Blaukalk für eine rückstandsfreie Verbrennung „nur auf der heißen Seite des Drehofens“ eingebracht werden. Würde dies eingehalten, dann – aber nur dann – sei Verbrennung die beste Variante der Entsorgung des Blaukalks, sagt Holub.

Studie nur für Fördergelder

Allerdings hatten weder Holub noch Wurst den Auftrag erhalten, die tatsächlichen Anlagen der W&P in Wietersdorf auch auf die Umsetzungstauglichkeit hin zu überprüfen. Seine Studie sei nur die Basis dafür gewesen, dass die Donau-Chemie für die Entsorgung Fördergelder von der Kommunalkredit bekam, erklärte Holub. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)

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