Formel 1: Der Zauberer in Oz

(c) EPA (Jens Büttner)
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Ross Brawn baute für Jenson Button und Rubens Barrichello ein derart starkes Auto, dass die beiden in Australien zum Doppelsieg im Premieren-Rennen fuhren.

MELBOURNE (mhk). Die Überlegenheit von Jenson Button und Rubens Barrichello hatte sich angekündigt. Dass der Engländer und der Brasilianer in Autos des Neo-Formel-1-Teams Brawn GP auch im ersten Saisonrennen die Nase vorne hatten, ist eine Sensation.

Der Ausgang des Grand Prix ist allerdings symptomatisch für die „neue“ Formel 1: mit neuem Reglement und neuen Designs, mehr Überholmanövern und neuem Auftritt im ORF (das Kommentatoren-Duo Ernst Hausleitner/Alexander Wurz agierte überzeugend).

Der erste Sieg eines debütierenden Wagens – seit Jody Scheckter 1977 im Boliden des Austro-Kanadiers Walter Wolf – hängt mit einem Motorsport-Zauberer zusammen: Für den Grand Prix in Oz, wie die Australier ihr Land salopp nennen, hat der 54-jährige Engländer Ross Brawn, der schon an allen WM-Titeln Michael Schumachers beteiligt war, ein unwiderstehliches Paket geschnürt. Mit dem Know-how, das er bei Honda mitentwickelt und durch ein Management-Buyout erworben hatte, und Motoren von Mercedes war Brawn GP der Konkurrenz überlegen. Wegen seines findigen Aerodynamik-Konzeptes war das Team allerdings massiv unter Beschuss geraten.

Während Button einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg feierte, musste Barrichello, der am Start seinen Frontflügel beschädigt hatte, hart um Platz zwei kämpfen. Dass er zum ersten Doppelsieg in einem Premierenrennen seit Mercedes 1954 beitragen konnte, hatte er maßgeblich Sebastian Vettel zu verdanken. Der deutsche Red-Bull-Pilot wollte auf den letzten Runden Robert Kubica in Schach halten. Doch der Pole im BMW-Sauber hatte in dieser Phase überlegene Reifen und überholte Vettel. Der allerdings provozierte eine Karambolage, beide Wagen verloren ihre Schnauzen, wurden unlenkbar und detonierten in der Begrenzungsmauer. Vettel versuchte noch, während das Safety Car bereits auf der Strecke war, sich an die Box zu retten, scheiterte aber.

Weil er, auf drei Reifen fahrend die Sicherheit der Konkurrenten gefährdet hatte, wurde Red Bull zu einer 50.000-Dollar-Strafe verdonnert, Vettel wird in Malaysia um zehn Startplätze zurückgereiht.

Ergebnis unter Vorbehalt

Noch aber hängt ein Damoklesschwert über dem Podium: Erst am 14. April wird die Berufungsverhandlung des Automobil-Weltverbandes FIA endgültig darüber entscheiden, ob die von Brawn GP, Toyota und Williams eingesetzten Diffusoren regelkonform sind. Erst dann stehen die Sieger der beiden Auftaktrennen in Australien und Malaysia (5. April) endgültig fest. Die Rennkommissare hatten die Wagen zwar zugelassen, Red Bull, Ferrari und Renault aber Protest eingelegt. Die Chancen, dass das Gericht dem Einspruch stattgibt, dürfte aber überschaubar sein.

Am 14. April wird auch entschieden, wer in Australien wirklich Rang drei belegt. Jarno Trulli, als Dritter im Ziel, war nachträglich mit einer Zeitstrafe belegt worden und aus den Punkterängen gerutscht, weil er während einer Safety-Car-Phase Weltmeister Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes), der wegen eines Getriebewechsels nur als 18. gestartet war, überholt hatte. Toyota, Trullis Rennstall, hatte protestiert.

GP von Australien, Melbourne:
1.Jenson Button (GBR) Brawn GP
2.Rubens Barrichello (BRA) Brawn GP 0,807 Sek.
3.Lewis Hamilton (GBR) McLaren-Mercedes 2,914
4.Timo Glock (GER) Toyota 4,435
5.Fernando Alonso (ESP) Renault 4,879
6.Nico Rosberg (GER) Williams-Toyota 5,722
7.Sebastien Buemi (SUI) Toro Rosso-Ferrari 6,004
8.Sebastien Bourdais (FRA) Toro Rosso 6,298

WM-Stand, Fahrer: 1. Button 10 Punkte 2. Barrichello 8 3. Hamilton 6 4. Glock 5 5. Alonso 4 6. Rosberg 3 7. Buemi 2 8. Bourdais 1; Konstrukteure: 1. Brawn GP 18 2. McLaren-Mercedes 6 3. Toyota 5 4. Renault 4 5. Williams-Toyota und Toro Rosso-Ferrari 3.

Nächstes Rennen: GP von Malaysia am 5. April.

AUF EINEN BLICK

Jenson Button (* 19. I. 1980 in Frome/England) feierte nach dem GP von Ungarn 2006 (damals im Honda) in Australien seinen zweiten Sieg – und damit den ersten für das Neo-Formel-1-Team Brawn GP. [Reuters]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2009)

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