Ski-WM: Zwischen Goldrausch und Schlafmangel

ALPINE SKIING - FIS Ski WC Vail/ Beaver Creek 2015
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Drei Medaillen im Gepäck haben Anna Fenninger versüßt, dass sie zwischen Siegerehrung in Vail und dem Aufbruch zum Flughafen nur wenige Stunden Schlaf gefunden hat.

Um vier Uhr früh Ortszeit war am Freitag Tagwache für den Heimflug über Washington und Wien nach Salzburg. Während die Teamkolleginnen am Valentinstag in Colorado um Slalommedaillen kämpfen, wird Fenninger bereits in Adnet gefeiert.

Auf 10.000 Meter Höhe hatte die Doppel-Weltmeisterin von Beaver Creek Zeit zu realisieren, dass das in den vergangenen zwei Wochen Erlebte kein Traum gewesen ist. Nach Gold (Super-G) und Silber (Riesentorlauf) bei Olympia 2014 in Sotschi holte sie bei der alpinen Ski-WM 2015 in Colorado gleich zwei Mal Gold in Super-G und Riesentorlauf sowie Silber in der Abfahrt.

Damit ist die 25-jährige Salzburgerin nicht nur die erste Österreicherin seit Renate Götschl 1999 mit drei Medaillen bei einer WM. Sie ist die erst fünfte rot-weiß-rote Riesentorlauf-Weltmeisterin überhaupt. Vor Fenninger war Marianne Jahn 1962 in Chamonix die letzte Österreicherin mit ebenfalls zwei Goldmedaillen und einer Silbernen gewesen.

Fenninger krönte zudem die Welttitelkämpfe in den USA nach WM-Bronze in Schladming und Olympia-Silber in Sotschi mit Gold in jener Disziplin, die ihr am meisten am Herzen liegt: Dem Riesentorlauf.

"Das ist die Disziplin mit dem höchsten Arbeitsaufwand. Ich war schon ziemlich weg, habe mich aber wieder zurückgekämpft", machte Fenninger klar, was ihr Riesenslalom-Gold bedeutet und warum sie bei der Siegerehrung einige Tränen verdrückt hatte.

In Fenningers persönlichem Ranking kommt der "Riesen" nämlich vor dem Super-G und der Abfahrt. Die zwei Hundertstel, die auf den ersten Abfahrtssieg und damit das dritte Gold fehlten, hätten sie nur ganz kurz am Anfang geärgert, versicherte Fenninger. "Natürlich war die Chance, Abfahrts-Weltmeisterin zu werden, sehr groß. Aber dafür, dass mir die Abfahrt nicht so wichtig ist, ist Silber auch nicht schlecht."

Im Riesenslalom ist sie hingegen mittlerweile so gut, dass sie sich in Beaver Creek zunächst selbst mit einem Traumlauf überraschte und dann trotz eines kapitalen Fehlers mit 1,4 Sekunden Vorsprung Gold gewann. Dafür hatte sie sogar das Risiko, mit einer völlig neuen Bindungsplatte zu fahren, auf sich genommen. "Ich war so gut, dass ich sogar Pflug fahren konnte", verpackte sie die Schrecksekunde in einen Scherz.

Cheftrainer Jürgen Kriechbaum wäre da fast das Herz stehen geblieben. Vor allem, weil unmittelbar davor die nach Lauf eins zweitplatzierte Michaela Kirchgasser weit zurückgefallen war. "Um ein Haar wären wir mit leeren Händen dagestanden", war Kriechbaum bewusst, wie knapp es gewesen war.

Das imposante an Fenningers WM-Gesamtleistung war, dass sie die drei Medaillen über elf Tage verteilt gewonnen hat. Und das auf fast 3.000 Meter Seehöhe. "Man muss abschalten, darf aber den Bogen auch nie ganz entspannen. Das ist mental sehr schwierig, denn bei einer WM geht es um sehr viel", erklärte Fenninger. "Die Kunst ist, die Spannung so aufzubauen, dass man im richtigen Moment wieder da ist."

Die Früchte der Arbeit

Wie fordernd das ist, hat Fenninger bei der WM am eigenen Körper verspürt. "Das Genick, das Kreuz, eigentlich tut mir alles weh, jetzt, wo der Körper loslässt", gestand sie lachend. Gewicht habe sie auch verloren. "In Stress-Situationen hat man automatisch weniger Appetit."

Mit 25 Jahren hat Fenninger das erreicht, was man ihr schon im Teenager-Alter als "neue Pröll" in die Schuhe geschoben hatte. Etwas, woran die "sensible" Salzburgerin fast zerbrochen wäre, hätte sie nicht ab 2010 ihre Karriere selbst in die Hand genommen.

"Was mir nicht alles vorhergesagt wurde. Das war wirklich eine schwierige Zeit", blickte sie in der Stunde des großen Erfolgs noch ein Mal zurück. Heute ist die Fahrerin mit dem Geparden-Helm sehr gefestigt in dem, was sie tut. "Das jetzt sind die Früchte der Arbeit seit vielen Jahren und nicht, weil ich als talentiertes Mädel mit 16 alles gewonnen habe. Dass ich das geschafft habe, macht die Leistung nur umso größer."

Olympia vor einem Jahr hat bei Fenninger schon sehr viel verändert. "Das Gefühl, alles erreicht zu haben, wurde durch die WM nun bestätigt", ist ihr aber auch bewusst, dass sie einen sehr hohen Level erreicht hat. "Ich hoffe nicht, dass das jetzt der Höhepunkt war und es ab jetzt bergab geht. Ich denke nicht, dass ich schon gesättigt bin."

Mit der WM in Beaver Creek hat Fenninger auch ihren Marktwert erneut gesteigert. Verhandlungen sind aber an ihr vorbei gegangen. "Das macht alles mein Manager Klaus Kärcher im Hintergrund, bei der WM war kein Raum dafür", sagte Fenninger, die seit Olympia attraktive Werbepartner hat. "Man muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird, sondern soll sich für das Gute entscheiden."

Die diesbezüglichen Diskussionen über neue Sponsoren und Partner mit dem ÖSV seien normal. "Es gibt halt Meinungsverschiedenheiten. Jeder versucht das Beste und ich stehe zwischendrin. Das Thema wird nach der Saison besprochen", klärte Fenninger auf.

Am Donnerstag beendete sie ihre "beste WM" mit der "besten Nacht", auch wenn diese nur kurz war. Ihr größter Wunsch am Ende eines langen und intensiven Tages lag auf der Hand: "Ein Bett!" Ob und wenn ja, wie schnell sie in dieses gekommen war, blieb offen. "Denn heute lasse ich mich überraschen."

(APA)

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