Buwog-Anklage: Grasser will 44 neue Zeugen

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser Die Presse
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Als Reaktion auf einen „Presse“-Exklusivbericht über eine drohende Untreue-Anklage beantragt Karl-Heinz Grasser die Befragung von 44 Bankern zum Thema „Schmiergeld“. Im Zentrum steht das geheimnisvolle Konto "400.815".

Karl-Heinz Grasser geht in dem schon seit 2009 gegen ihn laufenden Strafverfahren mit einem brisanten Beweisantrag in die Gegenoffensive. Das ihm von der Staatsanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung (WKStA) „zugerechnete“ Konto 400.815 bei der seinerzeitigen Hypo Investment Bank AG Liechtenstein (HIB) – also jenes Konto, auf das in Sachen „Buwog-Privatisierung“ und „Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower“ Schmiergelder geflossen sein sollen – habe mit ihm nichts zu tun. Dies könnten Prokuristen sowie Mitglieder der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates der HIB bezeugen. Nicht weniger als 44 Personen. Diese sollen nun, geht es nach dem Ex-Finanzminister, alle einvernommen werden.

Der Beweisantrag wurde am 5. Februar beim Straflandesgericht Wien eingebracht. Nur wenige Tage nachdem in der „Presse“ ein Exklusivbericht über eine bevorstehende Anklage (wahrscheinliche Vorwürfe: Untreue, Geschenkannahme) erschienen ist. In dem neuen, der „Presse“ vorliegenden Schriftsatz wird auf eben diesen Bericht verwiesen. Vor allem aber unterstreicht Grasser, dass das im Gerichtsakt viel zitierte Konto 400.815 dem Lobbyisten (und Grasser-Freund und Trauzeugen) Walter Meischberger gehöre; was dieser auch bestätigt.

Diesen Umstand kennt freilich auch die WKStA – sie bleibt dabei: Dieses (wenn auch von Meischberger eröffnete) Konto, auf dem Teile der Buwog-Provision, 2.446.481 Euro, gelandet sein sollen, sei Grasser „zuzurechnen“. Die gesamte Provision, 9,6 Millionen Euro, war 2004 vom damaligen Immofinanz-Chef Karl Petrikovics – sein Unternehmen war Teil des siegreichen Bieter-Konsortiums – an den Lobbyisten Peter Hochegger überwiesen und dann weiter verteilt worden.

Die Aufteilung der Porr-Provision

Auf ebendieses Konto sollen auch zumindest Teile der Terminal Tower-Provision (insgesamt 200.000 Euro, 2004 bezahlt von der Baufirma Porr Solutions) geflossen sein, wobei Grasser die Herren Hochegger, Meischberger und den Immobilienmakler Plech – laut Staatsanwaltschaft – „partizipieren“ habe lassen. Grasser selbst (für ihn und alle anderen Genannten gilt die Unschuldsvermutung) schreibt dazu in dem Beweisantrag: „Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse wird nun seitens der WKStA in völlig freier Erfindung ohne auch nur ein Indiz davon ausgegangen, dass ich tatsächlich (alleiniger) wirtschaftlich Berechtigter des Kontos 400.815 bei der HIB gewesen wäre bzw. bin und nicht, wie es den Tatsachen entspricht, Ing. Walter Meischberger.“

Jedenfalls gibt es bis heute keinen klaren Beweis dafür, dass auf diesem Konto quasi Grassers Anteil geparkt war. Ein Gutachten spricht diffus und mit einigen Windungen von „Hinweisen“. Abzuwarten bleibt, ob der Antrag bei Gericht durchgeht. Wenn ja, würde das Verfahren verzögert.

Gerichtspanne um Ex-Meischberger-Anwalt

Apropos: Jene Gerichtspanne, die dafür gesorgt hatte, dass ein Vorhabensbericht der WKStA (dem Vernehmen nach bestehend aus dem Entwurf einer Anklage gegen Grasser und Co.) vom Justizressort zurückgeschickt wurde, ist entgegen kolportierten Meldungen noch nicht behoben. Der „Presse“ liegt die Beschwerde des früheren Meischberger-Anwaltes Gerald Toifl vor (er zählt nun selber zum Kreis der Verdächtigen, bestreitet entschieden alle Vorwürfe). Demnach habe ihm das Straflandesgericht Wien auch nach dem Auffliegen der eigentlichen Panne (Nicht-Ladung Toifls zu einem Gerichtstermin) nicht genug Zeit gegeben, bei ihm beschlagnahmte Unterlagen wenigstens nachträglich zu sichten und jene Teile auszusortieren, die der Verschwiegenheit unterliegen.

Außerdem seien ihm schon vor der sogenannten Gerichtspanne streng vertrauliche Unterlagen von der Polizei vorgehalten worden, die eigentlich dem Geheimnisschutz unterliegen und somit nicht hätten verwendet werden dürfen. Insgesamt erzeugt die Beschwerde (siehe unten stehende Faksimile) den Eindruck, dass besagte Gerichtspanne weit größer ist, als bisher bekannt wurde. Geht die Beschwerde nun beim Oberlandesgericht Wien durch, treten zusätzliche Verzögerungen für das gesamte Verfahren gegen Grasser und Co. ein.

Faksimile aus dem Akt:

Aus dem Beweisantrag von Karl-Heinz Grasser an das Straflandesgericht Wien (5. 2. 2015). Die Kritik: Die WKStA rechne ihm zwar ein Konto als Schmiergeldkonto zu, habe es aber "nicht der Mühe wert gefunden", die HIB-Pouvoirträger zu befragen.

Grasser erinnert an Meischberger als den Kontoinhaber.

Ex-Meischberger-Anwalt Gerald Toifl beklagt in seiner Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien (22. 1. 2015), dass ihm das Bundeskriminalamt Unterlagen vorgehalten habe, die eigentlich dem Geheimnisschutz unterliegen.

Die angebliche Gerichtspanne, bei der Toifl zu einem Gerichtstermin zur Frage der Öffnung erst beschlagnahmter, dann versiegelter Unterlagen nicht geladen worden war, könnte gar keine "Panne" gewesen sein. Vielmehr sprach das Straflandesgericht Wien von "Zweckmäßigkeitsüberlegungen".

Nun möchte der Ex-Meischberger-Anwalt genug Zeit bekommen, die sichergestellten Unterlagen zu sichten. Wenn dieser Antrag an das Oberlandesgericht Wien durchgeht, "hängt" das gesamte Strafverfahren gegen Grasser und Co. Ein bereits vorliegender Anklageentwurf war, wie berichtet, vom Justizministerium an die Anklagebehörde zurückgeschickt worden, eben weil diese Panne aufgetaucht war.

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