Buwog-Verfahren: "Über drei Millionen Euro Schaden"

KORRUPTIONS U-AUSSCHUSS: PLECH
KORRUPTIONS U-AUSSCHUSS: PLECHAPA/ROLAND SCHLAGER
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Ein Gericht sieht in einem neuen Beschluss eine „qualifizierte Verdachtslage“ bei Karl-Heinz Grasser und Co. Es geht um die Auswahl der Bank "Lehman Brothers" für die Abwicklung des Buwog-Verkaufs. Indes tobt rund um Ernst Plech ein justizinterner Grabenkampf.

In Sachen „Buwog-Privatisierung“ und „Terminal Tower“ (die Einmietung der oberösterreichischen Finanz in den Linzer Büroturm soll von Schmiergeldzahlungen begleitet worden sein) ist, wie berichtet, eine Anklage zu erwarten. In einem jüngst ergangenen Beschluss spricht auch das Straflandesgericht Wien (ähnlich der Anklagebehörde) von einer „qualifizierten Verdachtslage“.

Doch das Justizressort kann den Anklage-Entwurf noch nicht prüfen. Denn: Über einen Fehler des Straflandesgerichts Wien (es wurde „vergessen“, einen der Verdächtigen, einen früheren Anwalt, zu einem Termin zu laden) ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Für die Zentralfigur Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die anderen gut ein Dutzend Beschuldigten heißt es warten; die Vorwürfe in Sachen „Buwog“: Untreue, Geschenkannahme. Indes hat einer der Beschuldigten, der Immobilienmakler Ernst Plech, einen Grabenkampf zweier Gerichte ausgelöst.

Zu dem oben erwähnten Gerichtsbeschluss kam es, weil Plech einen Antrag auf Verfahrenseinstellung im Punkt „Lehman Brothers“ gestellt hat. Die mittlerweile pleite gegangene Bank hatte den Zuschlag zur Begleitung des Buwog-Deals bekommen. Die Auswahl der Bank sei laut Korruptionsstaatsanwaltschaft von Grasser manipuliert worden, was dieser strikt bestreitet. Mit dem aktuellen Gerichtsbeschluss vom 13. Jänner, der der „Presse“ exklusiv vorliegt, wurde der Plech-Antrag abgewiesen. Brisant: Im Beschluss wird konkret der Schaden genannt, der durch den Auftrag an Lehman und nicht an den – laut Beschluss – Bestbieter CA-IB entstanden sein soll: „Über drei Millionen Euro“. Leidtragende: „die Republik Österreich“.

Auch Lehman gut im Rennen

Beschuldigt werden Grasser, dessen früherer Mitarbeiter Michael Ramprecht und eben auch Plech. Der Vorwurf lautet auf Untreue bzw. Beteiligung. Das Gericht folgt den „bisherigen Ermittlungsergebnissen“, wonach Grasser für Lehman, Anbot: 10,5 Mio Euro, interveniert habe (Grasser bestreitet dies). Billiger und besser sei die CA-IB mit 6,6 Mio Euro gewesen.

Tatsache ist aber auch, dass eine hochkarätig besetzte Vorprüfungskommission Lehman als Bestbieter sah. So argumentiert auch Plech. Und genau darauf war auch das Oberlandesgericht (OLG) Wien bei Prüfung eines – älteren – Gerichtsbeschlusses eingegangen. Das OLG bemängelte als höhere Instanz sehr deutlich, dass das Landesgericht eben diesen Einwand von Plech „geflissentlich übergangen“ habe. Auch vermisste das OLG „jedwede Begründung, dass es sich bei der CA-IB tatsächlich um den (objektiven) Bestbieter handelte“. So fordert das OLG die Unterinstanz auf, einen neuen Beschluss zu fassen. Das ist jener (vorliegende) vom 13. Jänner.

Dieses Hin und Her enthüllt, dass die lange Dauer des Buwog-Verfahrens entgegen bisherigen Erklärungen der Justiz nicht nur aus Verzögerungen durch die Beschuldigten oder aus langwierigen Rechtshilfeersuchen (Schweiz, Liechtenstein) resultiert. Auch Gerichte arbeiten mitunter langsam. So gibt es zu Plechs Antrag auf Verfahrenseinstellung, eingebracht am 12. August 2013 (!), bis heute keine rechtskräftige Entscheidung.

Die Chronologie rückblickend im Detail: Ab August 2013 vergingen sechs Monate bis zur ersten Entscheidung durch die Unterinstanz. Allerdings wurden in der Zeit zu beachtende „Äußerungen“ Plechs und „Gegenäußerungen“ der Anklage nachgereicht. Dann, Februar 2014, erteilte das Landesgericht Plech die erste Abfuhr: „Keine Verfahrenseinstellung“. Und dann dauerte es fast ein weiteres Jahr, bis Dezember 2014, bis das OLG eine Antwort auf Plechs Beschwerde hatte: Es spielte den Ball – eben wegen eines Begründungsmangels – dem Landesgericht zurück. Der dortige Richter fällte erneut den Beschluss: „Keine Verfahrenseinstellung.“

Der Streit geht noch weiter

Das Rad dreht sich weiter: Plech schaltet wegen dieses aktuellen Beschlusses (13. Jänner) erneut das OLG ein. In seiner neuen Beschwerde vom 4. Februar 2015 attackiert er die Unterinstanz. Diese würde „massive Zweifel an der Objektivität des beschlussfassenden Richters“ erkennen lassen. Wem das OLG diesmal Recht gibt und wie lange es braucht, wird man sehen. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Faksimile aus dem Akt:

Aus dem Beschluss des Straflandesgerichts Wien vom 13. Jänner 2015: Mit diesem - nicht rechtskräftigen - Papier weist das Gericht den Antrag Plechs auf Verfahrenseinstellung ein zweites Mal ab.
Aus dem Beschluss des Straflandesgerichts Wien vom 13. Jänner 2015: Mit diesem - nicht rechtskräftigen - Papier weist das Gericht den Antrag Plechs auf Verfahrenseinstellung ein zweites Mal ab. Die Presse
In dieser neuen, gegen den Gerichtsbeschluss gerichteten Beschwerde vom 4. Februar 2015 prangert Plech an, dass der
In dieser neuen, gegen den Gerichtsbeschluss gerichteten Beschwerde vom 4. Februar 2015 prangert Plech an, dass der "beschlussfassende Richter" doch "massive Zweifel" an seiner richterlichen Objektivität erkennen lasse. Denn: Lehman sei schon bei der Vorkommission vorne gelegen. Laut Plech ist der Richter von vorn herein "ergebnisorientiert" eingestellt. Die Presse
In diesem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Wien, 2. Dezember 2014, übt das OLG schwere Kritik an der unteren Instanz, also am Straflandesgericht Wien. Auf diese Kritik stützt sich nun Plech bei seiner jüngsten Beschwerde (siehe oben).
In diesem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Wien, 2. Dezember 2014, übt das OLG schwere Kritik an der unteren Instanz, also am Straflandesgericht Wien. Auf diese Kritik stützt sich nun Plech bei seiner jüngsten Beschwerde (siehe oben).Die Presse

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