Verloren im Dschungel der Gütesiegel

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Lebensmittelgütesiegel gibt es in Österreich viele. Einige sind seriös, andere täuschen Qualität nur vor. So wird oft irreführend die österreichische Herkunft suggeriert.

Eigentlich sollten Gütesiegel dem Konsumenten das Leben leichter machen, den Weg durch den unübersichtlichen Produktdschungel weisen und jene Ware kennzeichnen, die bestimmte Qualitätsstandards einhält. Nur: Siegel gibt es allein in Österreich so viele, dass, wer ein mündiger Konsument sein will, im Supermarkt am besten ein Glossar mit sich herumschleppt. Die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK) listet in ihrer Broschüre „Lebensmittelgütesiegel auf dem Prüfstand“ 28 österreichische Gütesiegel auf.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) kommt in seinem Leitfaden auf 105 Gütezeichen. Wobei in beiden Fällen staatliche Gütesiegel, die von der AMA vergeben werden, und jene, die sich Handelsunternehmen, Vereine oder sonstige Gruppierungen selbst verleihen, auf einen Haufen geworfen werden.


Was ist artgerecht? Für den Konsumenten sind die Grenzen etwa zwischen Siegel und Handelsmarke schwierig zu ziehen. Dabei gilt: Für Handelsmarken wie „Ja! Natürlich“ (Rewe), „Spar Natur pur“ oder „Zurück zum Ursprung“ (Hofer), die mit Bioqualität werben, gelten genauso wie für Biogütesiegel die EU-Bioverordnungen und die Biorichtlinien des Österreichischen Lebensmittelbuchs (Codex). Darüber hinaus steht es den Marken frei, ihre eigenen Kriterien zu definieren. Alle drei Handelsmarken legen laut VKI-Bewertung zum Beispiel besonderen Wert auf artgerechte Tierhaltung. Was genau das bedeutet, wird aber nicht näher ausgeführt.

„Die Biomarken sind alle relativ sauber“, sagt Birgit Beck, Ernährungswissenschaftlerin beim VKI. Es gebe aber auch eine Anzahl von Pseudosiegeln, die vortäuschen, mehr zu sein, als sie eigentlich sind. Schwierig werde es bei Bezeichnungen wie „Vom Land“, „von Bauern“ oder „Aus der Heimat“. „Bei Tests fällt immer wieder auf, dass die österreichische Herkunft auf irreführende Weise suggeriert wird.“ Man müsse die Formulierungen wortwörtlich nehmen“, sagt Beck. „Nach österreichischer Rezeptur“ heiße also, dass zwar ein Rezept aus Österreich dem Produkt zugrundeliege, aber weder, dass die Inhaltsstoffe aus Österreich stammen, noch, dass die Ware in Österreich hergestellt wurde. Auch Produktnamen können trügerisch sein. So würden etwa Produkte wie „Landliebe“ oder „Bioquelle“ fälschlicherweise für Bioprodukte gehalten, seien es aber nicht. Besonders inflationär sei die Verwendung von Österreich-Fahnen oder Bildern von Bauernhöfen, die dem Konsumenten ein wohliges, sicheres Gefühl vermitteln sollen, aber nichts über die Herkunft aussagen.


Privat heißt nicht schlecht. Ein „privates“ Gütesiegel muss aber nicht per se schlecht sein. „Manche Verbandslogos haben strengere Kriterien als nationale oder EU-Bio-Richtlinien“, sagt Beck. Das Demeter-Siegel zum Beispiel. Konsumenten, die im Biosiegelwirrwarr Orientierung suchen, rät Beck, als Erstes auf die Kontrollstellennummer zu achten. „Das heißt, dass eine unabhängige Stelle Warenstromanalysen macht.“ Ein Zeichen, das sich externen Kontrollen unterziehe, könne schon einmal nicht ganz unseriös sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2015)

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