Offensive: Telekom legt Fehler offen

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Die Bilanzpolizei hat bei der Prüfung der Telekom Austria Fehler gefunden. Welche das sind, publiziert das Unternehmen offen im Konzernbericht 2014 - auch ohne Anordnung der FMA.

Wien.Letzte Woche hat die Telekom Austria die Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2014 präsentiert. In ihrem aktuellen Konzernabschluss legt sie ausführlich dar, welche Fehler die Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR), auch Bilanzpolizei oder Enforcement-Stelle genannt, bei ihrer Prüfung gefunden hat und nicht zu akzeptieren bereit war.

Vor allem moniert die Prüfstelle, wie die Telekom die Firmenwertabschreibung bei ihrer bulgarischen Tochter, Mobitel, im Konzernabschluss 2013 vorgenommen hat. Während das Unternehmen erst im ersten Halbjahr 2014 den Firmenwert um 400 Millionen Euro wertberichtigen wollte, kam die OePR zu dem Schluss, jedenfalls 59,4 Millionen Euro davon hätten schon in die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2013 fallen müssen. Der Ansatz des Firmenwerts zum Halbjahr 2014 beanstandete sie jedoch nicht.

Die Telekom-Führung akzeptierte den Fehler letztlich zähneknirschend und korrigierte die Abschlüsse rückwirkend. Unter dem Strich brachte die Umverteilung der Telekom für 2014 letztlich ein besseres Ergebnis. Statt 242 Millionen Euro – wie erwartet – betrug der Jahresverlust „nur“ 185,6 Millionen Euro.

Die Telekom Austria war eines der ersten der 33 Unternehmen, das 2014 von der Prüfstelle für Rechnungslegung im Zuge einer Stichprobe durchleuchtet wurde.

Und die Führungsriege des börsenotierten Konzerns setzt auf Transparenz, obwohl (oder gerade weil) das Ergebnis dieser Prüfung wohl erfreulicher hätte ausfallen können. Und sie kommt mit ihrer Informationsoffensive auch der Finanzmarktaufsicht (FMA) zuvor, der die Prüfstelle die gefundenen Fehler bereits mitgeteilt hat. Die Behörde hat darauf jedoch noch nicht reagiert.

Zum besseren Verständnis: Immer wenn der FMA von der OePR mitgeteilt wird, dass sie bei der Prüfung der Jahresabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen Fehler gefunden hat, kann die Behörde das betroffene Unternehmen mittels Bescheid dazu verpflichten, die gefundenen Fehler zu veröffentlichen. Das ist quasi die Normalvariante, die das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz vorsieht.

Zwei Prüfungen – ein Albtraum

Die FMA kann aber mit der Bilanzprüfung auch gleich noch einmal von vorn beginnen. Dann nämlich, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Ergebnisse der OePR-Prüfung hat. Ein Albtraum wohl nicht nur für die Prüfstelle, sondern vor allem für die Unternehmen, die – kaum haben die einen Kontrollore die Tür hinter sich geschlossen – schon wieder die nächsten von der Finanzmarktaufsicht im Haus haben.

Ein Unternehmen ist jedenfalls schon, wie die „Presse“ erfahren hat, in den Genuss einer solchen Doppelprüfung gekommen: Die Semperit AG wurde von der FMA im Zuge einer anlassbezogenen Prüfung unter die Lupe genommen und von der OePR auch noch im Rahmen einer Stichprobe.

„Damitrechnen müssen die Unternehmen nicht – ausschließen kann man es auch nicht“, antwortete Rudolf Jettmar, der Leiter der Prüfstelle, vergangene Woche in einem „Presse“-Interview auf die Frage, ob denn kapitalmarktorientierte Unternehmen sich auf ein solches Szenario nun einzustellen hätten.

Nun, dass die Finanzmarktaufsicht und die OePR gar nicht miteinander können, ist kein Geheimnis. Grund des Disputs sind Auffassungsunterschiede darüber, wer im Enforcement-Verfahren das Sagen haben soll: Während die Behörde die OePR tendenziell als ihren Auftragsempfänger betrachtet, versteht sich die Prüfstelle selbst als unabhängige Instanz, die ihr Tun bei der FMA in keiner Weise zu rechtfertigen hat.

Die Situation ist verfahren: Auch Gespräche im Beisein von Vertretern des Finanzministeriums haben zu keinerlei Annäherung zwischen den beiden geführt. Brancheninsider warten deshalb nur darauf, dass die FMA alsbald eine Gelegenheit nutzen wird, um einmal der Prüfstelle genauer auf die Finger zu (sc)hauen.

Fehler auch bei Palfinger

Die Fehlerveröffentlichung der Telekom sowie alle weiteren sind für alle auf dem Österreichischen Kapitalmarkt tätigen Unternehmen und deren Wirtschaftsprüfer von größtem Interesse. Zeigen sie doch auf, wie genau und streng die OePR ihre Arbeit nimmt. Während jene 33 Unternehmen, die 2014 geprüft wurden, noch keine Ahnung hatten, was genau auf sie zukommen würde, haben jene, die 2015 an die Reihe kommen, nun schon eine Orientierungshilfe und können bei der Erstellung ihrer Bilanzen vorsichtiger sein.

Übrigens, nicht nur die Telekom hat sich dazu entschlossen, die von der Bilanzpolizei gefundenen Fehler offen auf den Tisch zu legen. Die Palfinger-Gruppe machte dasselbe: Auf Seite 119 des integrierten Geschäftsberichts 2014 kann jedermann nachlesen, welche Fehler die OePR bei der Prüfung des Kranherstellers gefunden hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2015)

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